Kurze Beschreibung des Samthospitals Haina, erstellt vom Küchenverwalteradjunkt Johann Theodor Crantz, auf Befehl der Visitationskommission Hessen-Kassels
„Kurze Beschreibung des Fürstlich-Heßischen Hohen Samt-Hospitals Haina.
Auf gnaedigen Befehl des zur dasigen jaerlichen Samt-Visitations-Commission von Seiten des Hochfürstlichen Haußes Hessen Cassell höchstverordneten Commissarii primarii Herrn Regierungs Rath von Motz Hochwohlgeb[oren],
Verfertiget vom zeitigen Küchenverwalters Adjuncto Johann Theodor Cranz in Haina am 30.ten Julii 1782.
Haina, welches etliche Hundert Jahr ein Closter für Mönche Cistercienster Ordens gewesen war, wurde im Jahr 1533 von Landgraf Philipp dem Grosmütigen, nachdem sich die Mönche in den weltlichen Stand begeben hatten, zu einem Hospital für Arme, Kranke und nothleidende Personen männlichen Geschlechts, welche sich in beiden Fürstenthümern und Landen, Heßen Cassell und Darmstadt von Zeit zu Zeit vorfinden würden, bestimmt, wie solche die abschrifftliche anliegende Fundation des Durchläuchtigsten Stiffters besagt.
Von denen sehr ansehnlichen und beträchtlichen Revenues des ehemahligen Closters wurde der Fond, wovon jene unglückliche Unterthanen, für die ganze Zukunfft erhalten und verpflegt werden solten, formiert.
Diese Revenues und Einkünffte bestehen nun in Grund-Zinßen, Zehenden und Pfaechten, welche das Hospital, theils von seinen Unterthanen, in denen demselben eigenthümlich mit aller hoher und niederer Gerichtsbarkeit zustehenden acht Dorffschafften, theils von Meyereien und Mühlen, und theils von einer grosen Anzahl Lehenleuten, welche das Hospital in denen angrenzenden hessischen Aemtern hat, empfängt. Ferner bestehen diese Einkünfte in Capital-Zinßen, in Waldungen, von denen um das Hospital herum liegenden grosen Forstrevier, in denen Ausbeuten vom Fischbacher Hütten- und Hammerwerk und von der in dem Hospital selbst angelegten Pottaschensiederei.
Es liegt dieses Hospital im Ober-Fürstenthum Marburg in einem angenehmen Thal, wo sich 3 verschiedene Bäche vereinigen, ist gegen Morgen, Abend und Mitternacht von holzreichen Bergen und ansehnlichen Waldungen umgeben, gegen Mittag aber, nach der Stadt Gemünden zu, hat es eine sehr fürtreffliche Flur an Ackerbau und Wiesenwachs. Die oben benahmten 8 Dorffschafften, die Meyerhöfe und Mühlen sind um das Hospital wie in einem Cirkell verbreitet, und liegt dasselbe gleichsam im Mittelpunct. Das Hospital ist mit einer doppelten Ringmauer und wohl verwahrten Thoren versehen und liegen darinnen, auser denen Beamtenwohnungen und anderen Privathäußern, die weitläuftigen Clostergebäude, verschiedene Armenhäuser, das Brauhauß, die Beckerei und zwei Mühlen, wovon ich die merkwürdigsten weiter unten zu beschreiben Gelegenheit finden werde.
Die Beschreibung der äuseren Lage Hospitals gehoeret eigentlich nicht zu meinem Zweck. Es mag also das wenig, was davon gesagt worden, genug seyn. Mein Hauptaugenmerck muß ich vielmehr auf die innere Verfaßung des Hospitals richten, und hierbei wird fürnehmlich von der Policey und Justizpflege, von denen verschiedenen Verwaltungen der Einkünffte, von der auseren und inneren Beschaffenheit einiger öffentlichen Gebäude, fürnehmlich in Rücksicht auf die Quartier der Hospitaliten und endlich von der Haußwirtschafft und der Verpflegung der Armen zu reden seyn.
Alle diese Gegenstaende werde ich nach einander betrachten und mich der Deutlichkeit halber bei einigen weitläufftig aufhalten müßen, bei anderen aber mich kürzer faßen können. Und damit ich hierbei einige Ordnung zu beobachten im Stande bin, so will ich bei einem jeden Zweig der Hospitals Verwaltung der Befehlshaber, Beamten und Diener Erwähnung thun und dabei kürzlich bemerken, was eines jeden Bestimmung ist.
Ich mache also den Anfang mit der Hospitals Policey.
Diese und alles was dahin einschlägt, wird von einem zeitigen Obervorsteher verwaltet und dirigiret, deßen Befehlen sind alle Beamten und Diener in dem hiesigen und denen auswaertigen Hospitalien untergeordnet, und alles, was in Policey und Haushaltungssachen in denen Hospitalien vorfället, muß demselben mündlich oder schrifftlich angezeigt werden. Worüber er dann entweder kurzer Hand entscheidet und resolviret oder nach Beschaffenheit der Sache, und wann solche von wichtigem Belang ist, darüber von beiden hoechsten Herrschafften Resolution und Verhaltung berichtlich einhohlet. Fehler und Verbrechen bestraffet er entweder sogleich oder nach vorgaengiger Untersuchung, welche er durch den Amtsvogt verrichten laeßet. Ferner hat der Obervorsteher das Praesidium bei dem Lehen- und Forstbußgericht. Er ertheilet nebst dem Amtsvogt über die Lehengüther, welche vom Hospital releviren, die Lehenbriefe und dictiret bei dem Forstbusgericht die Strafen über die Waldfrevel, wobei der Amtsvogt eben wohl ein Votum hat. Uebrigens muß der Obervorsteher darauf sehen, daß ein jeder Hospitalsbedienter sein Amt treulich verwalte, daß des Hospitals Gerechtsame gewahret, alle Hospitalsgüther und Intraden in ihrem Stand und Wesen erhalten werden. Der Amtsvogt verwaltet die hohe und niedere Gerichtsbarkeit, wobei auch ein Gerichtsschreiber ist, welcher zugleich die Actuariat-Stelle bei dem peinlichen Verhoer versiehet, sodann hat der Amtsvogt auch Antheil mit an der Verwaltung der Policey. Ferner hat derselbe die Bearbeitung des sehr weitläufigen Hospitals Samtarchivs, die Probatur der sämtlichen Hospitalsrechnungen zu besorgen und muß die Anwälde der Hospitalien wegen der auswaertigen Processe instruieren und ihnen mit den noetigen archivalischen Nachrichten behülflich seyn.
Die Hospitalsintraden und Einkünffte werden, was das baare Geld betrifft, von dem Renthmeister berechnet, welcher auch die ganze Ausgabe des Hospitals auf Assignation des Obervorstehers bestreitet. Übrigens hat derselbe auch die Bauschreiberei zu versehen, fertiget die Lehenbriefe aus und hat daneben die besondere Aufsicht über einige bei dem Hospital liegende Vorwerke und Meyereien.
Die Fruchtgefälle und Naturalien, welche das Hospital von seinen Censiten und Lehenleuten empfaengt, berechnet der Fruchtschreiber und liefert das daraus gelöste Geld an die Rentherei ab. Sodann hat derselbe die jaerliche Consumtion des Weins und Biers zu berechnen.
Ueber die Hospitalswaldungen und das im Hospital und deßen Dorffschafften daraus alljaerlich consumiret werdende Gehölze hat der Forstschreiber Rechnung zuführen. Und werden auser jener starken Consumtion noch jaerlich über etliche Tausend Thaler an Waldnutzungen in die Rentherei geliefert.
Bei dem Fischbauer Hütten- und Hammerwerk ist ein Hüttenschreiber angestellet, welcher darüber jaerliche Rechnung ableget und die Ausbeute, so wie der Gegenschreiber dahier den Gewinst von der Pottaschensiederei, ebenwohl zur Rentherei liefert.
Unter die hiesige öffenliche Gebäude kan fürnehmlich das eigentliche ganz von Steinen außgeführte Klostergebäude gerechnet werden. Dieses bestehet aus vier Flügeln, welche von denen Mönchen ohngefehr im Jahr 1221 zu einem Closter oder einer Abtei erbauet, nach der Fundation aber zu dem Behuf eines Hospitals - so gut als es sich schicken wollen - eingerichtet worden.
Der Flügel gegen Morgen ist zu Armenquartieren aptiret, und zwar so, daß in der untersten Etage große räumliche Zimmer für Krancke und gebrechliche Leute, die Moenchszellen in der oberen Etage aber zu Schlafkammern für gesündere Hospitaliten eingerichtet sind. Auf der einen Seite wird dieser Flügel das Capitel und auf der anderen Seiten die Krankenstube genennet. In dem zweiten Flügel gegen Mittag ist die reformirte Kirche oder das Gebeth, welches um des Willen so genennet wird, weilen die Hospitaliten darinnen morgens und abends ihre Betstunden halten.
Sodann ist hierinnen das Fürstl[iche] Hospitals Gesamtarchiv und die Wohnung für des Hospitals Koch.
Der dritte Flügell gegen Abend enthält die Hospitals Küche, den großen Speißesaal an derselben und verschiedene Vorraths Kammern zu Aufbewahrung derer Victualien für die Armen.
Auf denen Boden dieser drei Flügell sind die sämt[lichen] Hospitalsfrüchte befindlich.
Der vierte Flügell gegen Mitternacht ist die sehr schöne Kirch, welche von masiven Steinen gebauet und mit einem auf 22 Pfeilern ruhenden hohen Gewölbe versehen ist. Dieses Gebäude war vor 500 Jahren unter dem Nahmen der S.t Mariae Kirche sehr berühmt.
In spaeteren Zeiten nach der Fundation wurden noch zwei Gebäude zu Beherbergung deren Hospitaliten, deren Anzahl immer staerker wurde, aufgeführet und solche nicht praechtig- aber ganz zweckdienlich eingerichtet. Das erste dieser Gebäude wird das Plockhauß genennet.
Dieses will ich nach seiner wahren Beschaffenheit beschreiben und damit ich solches desto beßer zu thuen im Stande bin, den davor verfertigten Grund- und Aufriß hierbei legen. [liegt nicht bei]
In der untersten Etages ist das Zimmer A., zur Wohnung für den Aufwaerter, die übrigen mit B. bezeichneten Gemächer aber sind Behältniße für die Rasenden. Diese sind mit steinern Platten belegt, abhaengig, und wegen der bei diesen unglücklichen Leuten herrschenden grosen Unflätigkeit mit einem Abzug versehen.
Zwei Personen koennen in einem solchen Zimmer aufbewahret werden. Jedoch sind solche mit einer 8 Fuß langen und 5 Schuh hohen Bohlenwand unterschieden, und werden zwei solcher Zimmer durch einen Ofen erwaermet.
In der Oberen Etage sind die mit C. bezeichneten beiden Zimmer zum Aufenthalt für die in denen Schlafkammern D. logirende vernünftigere Hospitaliten bestimmt.
Die eigentliche Hospitalswirtschafft ist wiederum in verschiedene Branchen vertheilet, nehmlich in die Verwaltung der Küche, Brauerei, Beckerei und Kleiderei.
Die Verwaltung der Hospitals Küche geschiehet durch den Küchenverwalter solcher gestalt, daß derselbe alle zur Küche noetige Victualien zu rechter Zeit, auss erster Hand und am rechten Ort für baare Zahlung, worzu er das Geld auß der Rentherei empfängt, einkaufft und hierüber quartaliter Rechnung ableget, welche vom Amtsvogt probiret wird und vom Küchenschreiber attestiret seyn muß, in deßen Gegenwart alle diese Victualien eingenommen und in die Vorratskammern hinter den doppelten Beschluß gebracht werden.
Diese vom Küchenverwalter zu führende Quartalsrechnungen werden, nachdem sie probiret sind, vom Obervorsteher unterschrieben und alsdann zu Uhrkunden in der Renthereirechnung gemacht, wo solche in Ausgabe verrechnet werden.
Die Ausgabe der täglichen Küchenvictualien geschiehet vom Küchenverwalter, an den Hospitals Koch, ebenwohl in des Küchenschreibers Gegenwart, aus denen oben erwehnten Vorrats Kammern und diese werden wochentl[ich] vom Küchenschreiber berechnet, vom Küchenverwalter aber beschienen. Der Pfarrer und Amtsvogt probiren diese Küchenwochenrechnungen und hoeren solche ab. Aus denenselben formiret sodann der Küchenschreiber vier Quartals- und einen Hauptextract, worauß er seine jaerlich abzulegende Hauptnaturalrechnung gründet.
Die Brauereiverwaltung geschiehet durch den Gegenschreiber. Bei derselben ist ein verpflichteter Braumeister, welchem auf Assignation des Gegenschreibers Gerste zum Milzen vom Hospitals Fruchtboden verabfolgt und wann solche zu Malz gemacht worden, wieder dahin geliefert und vom Fruchtschreiber verrechnet wird. Wochentl[ich] geschehen vor die Hospitaliten zwei Gebräude, wozu das Malz auf abermahlige Assignation des Gegenschreibers vom Fruchtschreiber verabfolgt wird. Das Malz muß eines Luft Malz seyn, woraus ein gutes nicht sehr starkes, aber doch gahr gekochtes und wohlgehopftes Bier gebrauet wird.
Uber diese Bier und den Wein, so viel nehmlich davon die wochentliche Ausgabe betrifft, führt der Gegenschreiber Rechnung, mit deren Probier- und Abhoerung eben so wie bei denen Küchenwochenrechnungen verfahren wird. Eine solche Wochenrechnung hat auch der Fruchtschreiber in Ansehung der von ihm in die Haußhaltung verwendeten Früchte abzulegen – und ist es bereits oben angemerkt werden, daß derselbe die järl[iche] Consumtion des Biers und Weins, für deßen Ankauff und Erhaltung er als Kellermeister zu sorgen hat, in seiner Jahrsrechnung berechnet.
Die Beckerei ist verpfachtet, dergestalt, daß der Pfachter bestaendig das Korn in einem festgesezten Preiß vom Hospital empfaengt und dagegen das Brod ebenwohl in einem bestimmten Preiß an das Hospital abliefert. Die wochentlich Consumtion des Brods wird ferner vom Gegenschreiber bei der Brauereirechnung auf die vorhin beschriebene Art, der jaerliche Aufwand des Brods aber in der Küchenjahrsrechnung berechnet.
Endlich hat der Gegenschreiber das ganze Kleidungswesen, wozu auch das Bettwerk gehoeret, zu besorgen, und muß alle Notwendigkeiten, von dem ihm dazu von der Rentherei gegeben werdenden Gelde ankaufen. Die Rechnung welche er jaerlich darüber zu führen hat, wird so viel die Einnahme betrift vom Renthmeister, die Ausgabe aber vom verpflichteten Hospitalsschneidermeister beschienen.
Alle diese Anstalten haben nun die Verpflegung einer Anzahl Hospitaliten zur Absicht, welche sich dermahlen auf 200 Personen belauft, und deren Aufnahme entweder von beiden hoechsten Herrschaften oder von einem der Fürsten allein geschiehet, wann vorerst gezeigt worden, daß sie zur Verpflegung in der hiesigen Stifftung qualificiret sind.
Bei der Aufnahme derselben wird einem jeden in Ansehung der Wohnung und das Aufenthalts sein Plaz nach seinem Gebrechen bestimmt.
Die unglücklichste Art solcher Leute ist ohne Zweifel diejenige, welche entweder so rasend und wütend sind, daß man sie ohne Nachtheil der öffentlichen Sicherheit nicht frei herum gehen laßen kann oder wann sie so wenig Vernunfft besizen, daß sie für ihre eigene Erhaltung und Sicherheit besorgt zu seyn ganz auser Stande sind. Für diese Elenden sind diejenige Behältniße, welche oben bei dem so genannten Plockhauß in der untersten Etage beschrieben worden. Die ganz Rasenden, welche keine Kleidung – kein Bettwerk um sich dulten, und die jedem Menschen, welcher ihnen in die Haende kaeme, Schaden an Leibe und Leben zufügen würden, liegen in Stroh auf der Erde, sind mit einer in den Boden eingegoßenen Kette an einen Fueß geschloßen. Um den Leib haben sie einen Gürtell von dreifachem Pfundleder, woran die um die Hände liegende Schellen angeschlossen sind. Jedoch koennen sie diesen Gürtell mit den Handen an dem Leibe so weit herauf ziehen, daß eine Hand an den Mund reichet.
Ich will es versuchen diesen Gürtell durch die neben stehende Figur deutlicher zu beschreiben. Das Ende A. gehet durch den Ring B. und wird mit dem Ohr C. in den Hacken D. gelegt. An diesen Hacken D. wird die rechte Hand mit einer Schelle und an der Haken E. die Schelle der linken Hand geschlossen. Die ganz Unvernünfftigen werden ebenwohl in diesen Behältnißen aufbewahrt und sind nach Beschaffenheit ihrer Umstände entweder nur mit einem Fuß angeschloßen oder sie gehen in denselben ganz frei herum, bekommen auch zu ihrem Lager ein ordentlich Bett. Denen welche zuweilen Intervalla bekommen, werden, wann sie vernünftiger sind, besere Wohnzimmer angewiesen, worinnen sie alle zum menschlichen Leben noetige Bequemlichkeiten finden. Die blos simplen und gebrechlichen Leute haben ihre ordentliche Schlafkammern, worinnen vor jeden ein besonderes Bett vorhanden ist, welches aus einem Bettspann, Ober- und Unterbett, einem Küßen und zwei Bettüchern bestehet. Bestaendig Kranke und so gebrechliche Hospitalien, welche wenig oder gar nicht aus dem Bett seyn koennen, liegen in denen grosen Zimmern im sogenannten Capitel und Krankenstube p., worunter auch verschiedene sind, welche, weil sie zuweilen in Wahnsinn geraten, mit einem Fuß an das Bett geschloßen werden müßen.
Bei denen saemtlichen Hospitaliten, welche sich in denen hiesigen Armenhäußeren befinden, sind fünf Aufwaerter, welche denen Kranken pflegen, sie waschen, kämmen, ihnen das Eßen reichen, die Bette machen, des Winters die Zimmer heizen, denen Rasenden die Kerker ausfegen und ihnen, so offt es noetig, frisch Stroh geben, auch das Linnen Zeug nehmlich Hemder und Bettlinnen waschen müßen.
Die Speißung der Hospitaliten ist verschieden und sind derselbe viererlei Arten, nehmlich die Studenten-, Kranken-, Präbener und Gemeine Kost. Die, welche die Studenten Kost bekommen, deren gegenwaertig Neune sind, erhalten täglich und zwar des Mittags Suppe Gemüß und Fleisch. Abends aber und zwar Mondtags, Dienstags und Freitags Suppe und Ragout, Mittwochens Suppe und leicht Gemüß, Sonntags, Donnerstags und Sonnabends aber Suppe und Braten. Diejenigen, welche diese Koste bekommen, sind mehrentheils Standes Personen.
Die Krankenkost ist mit der Studentenkost des Mittags durchgaenig desgleichen, des Montags, Dienstags, Mittwoches und Freitags Abends ganz einerlei und bekommen die, welche diese Kost geniesen, Sonntags und Donnerstags Abends Suppe und leicht Gemüß, des Sonnabends Abends aber Suppe und Butter Brod.
Bei diesen beiden Speiße Arten ist nur noch zu bemerken, daß für einen jeden Mann auf jede Speißung 1/2 pf. Fleisch gegeben wird.
Die Zahl derer, welche die Krankenkost empfangen ist zwar unbestimmt, jedoch beläuft sich solche selten über 25, ausgenommen, wann ansteckende Krankheiten einreisen solten, welchen Falles alle die, so damit befallen werden, diese Kost erhalten. Die Praebener Kost ist von derjenigen, so die Gemeinen geniesen, nur darinnen unterschieden, daß erstere wochentlich viermahl, nehmlich Sonntags, Dienstags, Donnerstags und Freitags, leztere aber nur zweimahl, nehmlich Sonntags und Donnerstags, jedes mahl 1 pf. Fleisch bekommen. Übrigens wird ihnen taeglich des Mittags Suppe und Gemüß, des Abends aber eine Portion Suppe, auch Dienstags und Freitags ein Handkaeß oder Heering verhandreicht. Die Speißen werden von einem Koch und zwar jede Art davon für saemtliche Hospitaliten in einem Pott unter des gedachten Küchenverwalters Aufsicht zubereitet, worzu ihm das Noetige auf die Weise, wie oben bei der Verwaltung der Küchen gemeldet worden, und zwar zur Mittagsspeisung des Morgens und 6 zur Abendmahlzeit, aber des Mittags um 12 Uhr herausgegeben wird. Um 10 Uhr des Morgens und des Abends um 5 Uhr wird zur Ausspeisung ein Zeichen mit einer dazu bei der Küche vorhandenen Glock gegeben, alsdann findet sich ein Aufwärter nach dem andern in dem bei der Küchen befindlichen grosen Speißesaal ein, worinnen einem jeden für die unter seiner Aufwartung stehende Hospitaliten, welche nicht ihre Zimmer verlaßen koennen, die Speißen Portion für Portion, in Gegenwart des Küchenverwalters, nach einer Kranken-Liste, durch die zwischen der Küche und dem gedachten grosen Sahl angebrachte Kommunikationsthüre zugezehlt und gereicht werden. Diejenigen aber, welche noch ausgehen koennen, versammeln sich in dem mehrbemelten grosen Saal, wo sie durch noch einen besonders dafür angestellten Aufwärter auf vorige Art ihre Speißen zulezt erhalten.
Wegen des Brods giebt der Gegenschreiber einem jeden Aufwaerter nach der Anzahl seiner Hospitaliten eine Assignation an den Beckerei Pfachter, worauf einem jeden derselben wochentlich 15 pf. Brod verabfolgt werden.
Bier und Wein laeßet der Gegenschreiber durch seine Magd lezteren in seiner Gegenwart an die Aufwaerter, und zwar das Bier täglich des Morgens um 9 und Abens um 4 Uhr, auf ein mit der Glocke gegebenes Zeichen, für jeden Studenten und Kranken 1 Maas für die übrigen aber 1/2 Maas täglich ausmeßen, wozu sie noch etliche Maas Trank- oder Nachbier bekommen koennen.
Wein empfangen die Hospitaliten jaerlich 7 mahl, jeder 1/4 Maas, nehmlich auf alle hohe Fest- und noch drei andere Tage, woran sie besondere Feierlichkeiten begehen, zu welcher Zeit ihnen auch durchgaengig jedem 1 pf. Fleisch gegeben wird.
Kleidung und Linnenzeug wird denen Hospitaliten nach Nothdurfft verhandreicht. Jedoch müssen die Aufwaerter genau darauf sehen, daß sie solche nicht unnötig und mutwilliger Weiße zerreißen oder verbringen. Die gemeine Brüder werden alle in grauen Wollen Tuch gekleidet, wovon die Ehle vor 1/2 Rd. gekaufft wird, und bekommen dieße Hemder von Wirken Tuch: Standes Personen aber werden auch in Ansehung der Kleidungsstücke beßer gehalten und koennen die, so vermögend sind, sich nach Belieben kleiden.
Der Amtsvogt hat die besondere Aufsicht über die Aufwaerter und Verpflegung der Armen. Er muß zu dem Ende dieselben fleißig besuchen, besonders an allgemeinen Fleischtagen alle Zimmer der Hospitaliten, wann solche Speißen, visitiren und nachsehen, ob ein jeder dasjenigen was für ihn bestimmt ist, auch empfangen, ob die Zimmer gehoerig gereiniget und die Hospitaliten selbst von ihren Aufwaertern reinlich gehalten werden, die Beschwerden derselben vernehmen und diesen abhelfen, auch die Hospitaliten in Ordnung halten und ihre boßhaften Vergehungen bestraffen laßen.
Neben dem Amtsvogt muß auch der Prediger die Hospitaliten öfters besuchen, sich mit ihnen im Christenthum unterhalten, sie zur fleißigen Anhoerung des göttlichen Worts ermahnen und einen jeden nach dem Maas seiner Erkentnis und seines Verstandes in den Wahrheiten der Religion zu unterrichten und daraus die Elenden und Kranken zu trösten suchen.
Hierinnen ist demselben der Lector behülflich, welcher mit denen, die aus ihren Logies gehen koennen, alle Morgen und Abend Betstunde hält, auch sie in dem grosen Speißen Saal vor und nach dem Eßen beten laeßet. Er selbst ließet während dem Eßen ein Stück aus der heiligen Schrifft vor und beschließet solches mit einem Gebeth.
Der hier vorhandene Hospitalschirurgus, welcher zugleich Küchenschreiber ist, muß den Hospitaliten, wann ihnen Krankheiten zustoßen und denen noetigen Arzneien behülflich seyn, wobei auch wann es die Noth erfordert ein benachbarter Medicus zu Rath gezogen wird.
Übrigens werden diejenigen Hospitaliten, welche Fähigkeit und Vernunfft besizen, zu allerhand häußlichen Geschäfften und nuzlichen Handwerk angehalten und darinnen unterrichtet. Sie müßen im Feld und in denen Garten allerhand leichte Arbeiten thun, werden zur Schneiderei, Schumacherei und Strumpfstrickerei gebraucht, und muß überhaupt dafür gesorgt werden, daß ein jeder Hospitalit, welcher Kräffte und Verstand hat, sich nicht dem ihm in seinen Umstaendigen so schädlichen Müßiggang ergeben, sondern auf eine gute Art beschäfftiget werden.
Wann man nun die weiter abschrifftliche anliegende [nicht vorhanden] Hospitalsordnung mit der gegenwaertigen Verfaßung dieser Stifftung vergleicht, so wird man in vielen Stücken Veraenderungen finden. Allein durch die jaerlich dahier zusammen kommende Fürstliche Commissarien, welche von beiden hoechsten Herrschafften zu Abhoerung sämtl[icher] Hospitalsrechnungen und Untersuchung der ganzen Hospitals Haußhaltung, abgeschickt werden, ist bisher noch unermüdet daran gearbeitet worden, diese fürtreffliche Stifftung ihrem heilsamen Endzweck immer gemaeßer einzurichten. Jene Veraenderungen, welche die Folge der Zeit und die mit derselben veraenderten Sitten der Menschen notwendig machten, haben folglich keine andere Absicht, als dieses Institut nach dem hoechsten Willen seines durchlauchtigsten Stiffters anzuwenden – Und auf diese Art wird solches ein ewiges Denkmahl der erhabensten Eigenschafften dieses grosen Fürsten seyn, deßen eifrigste Bemühungen dahin giengen, seine arme nothleidende Unterthanen zu unterstüzen und ihren Zustand so viel möglich glücklicher zumachen.
Folgende Inscription, welche der hoechstgedachte Stiffter dieses Hospitals an die hiesige Amtsvogtei in Stein hauen und die Litteren vergolden laßen, ist noch ein Beweiß, wie sehr es dießem großmütigen Beherrscher der Heßen am Herzen lag, daß seine nothleidende Unterthanen in diesem Hospital so unterhalten würden, wie es ein jeder bedürfte. Und daß mit denen für sie bestimten Einküfften treulich gewirtschafftet und solche zu diesem nüzlichen Behuf unabaenderlich und bis in die spaetesten Zeiten verwendet werden möchten.

GOTT HILF VERBREITE MIR DEIN EHR
DAS IST MEIN HÖCHSTER WUNSCH UND GEHR
DARNACH DAS ICH MEIN VOLCK REGIR
UND WAS ICH MIR GESTIFFTET HAB
DAS SOLCHS NICHT WERD GESTELLET AB.
UND WER DAS THUT DEN STRAF DEIN HAND
MIT ARMUT KRANCKHEIT SCHMACH UND SCHAND
BIS DAS ER DEINEN WOLGEFALL
ERKEN UND THU, SPRECHT AMEN ALL“
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