Vogt Anton Fey macht Vorschläge zur Verbesserung der finanziellen Lage des Hospitals Merxhausen
Jahr:1759
Autor: Anton Fey/Fay (* - +12. März 1773 | 1757-1773 - Vogt in Merxhausen)
Empfänger: (* - + | )
Signatur: LWV Hessen, Bestand 13, 5540
“Hochwohlgebohrner Freyherr,
gnädig und hochgebietender Herr Obervorsteher!
Da zumahlen bey jetzigen bedaurenswürdigen Kriegszeiten viele Censiten1, denen das ihrige durch feindliche Savagen2 und Fouragirungen3 weggeraubt worden, außer Würcklichkeit sich gesetzet sehen müßen, ihr Schuldigkeit zu entrichten, wodurch die hohe Samthospitalien gar merklich mitleiden, als welche gröstentheils von denen auswärtigen Gefällen ihren Unterhalt haben, zugeschweigen, daß ohne dieses schon vorhero das hiesige Hospital in Schulden gerathen.
So haben diese Umstände E[uer] Hochwohlgeb[orene] Gn[aden] bewogen, nach dero ungemeinen Besorgniß für das Wohl und Aufkommen der hohen Samthospitalien mit Abschaffung vieler Mißbräuche, wo es möglich gewesen, die rühmlichste Verbeßerungspuncte einzuführen, und dahero mich mehrmahlen zu befragen beliebet, ob denn hiesigen Hospitaliten am Brod und dergl[eichen] Victualien nichts könte decourtiret4 und dadurch denen Nachkommen etwas erspahret werden?
Gleichwie aber E[uer] Hochwohlgeb[orene] Gn[aden] nach der von denenselben beywohnenden erleuchteten Einsicht solches nicht für thunlicht zu sein erachtet, ja selbst die hiesige Einrichtung in Rücksicht auf andere Haußhaltungen für gut befunden - mir aber jedennoch dabey aufzugeben gnädig geruhet haben, meine Gedancken zu Papier zu bringen, auf was Weise mehrersagtem hohen Samthospital wiederum aufgeholfen werden könnte, so habe sothanem hohen Befehl mich gehorsamlich zu unterziehen pflichtschuldigst nicht ermangelen sollen.
Ich pflichte E[uer] Hochwohlgeb[orene] Gn[aden] fürtrefflicher Denckungsarth, welche hochdieselbe aus Liebe für die Menschen haben, vollkommen bey und bin nicht gemeinet, daß man weder denen hiesigen Hospitaliten, um welcher willen ich da bin, noch weniger denen Dienern, welche, wann sie treu und fleißig, ihres Lohns wohl werth sind, etwas entziehen solte. Jedennoch unterstehe mich, einen Fond ausfindig zu machen, wodurch das Hospital jährlich um weit mehr dann zweyhundert Rthl. bereichert - oder vielmehr seines Armuths entlediget wird.
Gewiß durch die Länge der Zeit ein erkleckliches!
Es ist allemahl ein Fehler, wann man an dem Ort anfängt zu spahren, wo nichts heraus komt. Man muß nicht vom Kleinen - sondern vom Großen anfangen zu reformiren und am Kleinen wenden.
Ich werde demnach in dem mir aufgegebenen Entwurf vorerst den Verfall zeigen, wodurch das Hospital bisher entkräftet worden, hernach aber die Mittel anführen, welche ohnvorgreiflich dereinsten vorgekehret werden müßen, um den Gebrechen abzuhelfen.
Ich finde hier zwar viele Schwierigkeiten vor mir, so daß ich anstehen solte, dergleichen zu unternehmen, indem man mir vorrücken möchte, daß ich aus Passionen5 gegen den ein- und andern Subalternen6 solchen Antrag thäte. Nein, ich rede hier überhaupt und ist mein eintziger Endzweck, das Wohl des preßhaften Armuths, welches seit langer Zeit genug gelitten, zu befördern.
Ich begehre auch nicht, daß diesem oder jenem an seiner commoden7 Lebensarth etwas dadurch entgehen soll, ob ich gleich nicht läugnen kann, daß ich mich vergnüget, wann ich gegenwärtigen Plan in seiner Vollkommenheit sehe. Ich sende solche E[uer] Hochwohlgeb[orenen] Gn[aden] anbefohlener Maßen zwar zu, überlaße aber alles Hochderoselben erleuchteter Einsicht und verharre in vollkommenster Verehrung ohnausgesetzt.
E[uer] Hochwohlgeb[orene] Gn[aden]
unterthänig gehorsamster Diener, Anton Fey.
Merxhausen, den 9. November 1759“
Anlage:
„Kurtzer ohnmaßgebiger Entwurf, wie der Fond derer hiesigen hohen Samthospitals Revenuen, die seit verschiedenen Jahren her ziemlich sind geschmählert worden, nicht allein könne erhalten - sondern auch merklich vermehret werden, mithin das Hospital wiederum aufkommen möchte.
Der Ursprung und erste Ursache, warum das hiesige hohe Samt Hospital seit 1753 in Schulden gerathen, ist wohl ohnstreitig hauptsächlich mit der Rückstand des Langensaltzer Schuldposten, wodurch deßen Revenuen8 alljährl[ich] um 200 Rthl. vergeringert worden.
Die zwote Ursache liegt in dem vielen Bauen, welche etliche Tausend Rthl. dahin gerißen, wovon die Interesse cessiret9.
Gleichwie aber jenes nicht zu erzwingen und in Absicht auf nur bemelde zwote Ursache geschehene Dinge nicht zu ändern stehen, die Herren Obervorsteher hochseel[igen] Andenckens auch nach dero ohntadelhaften weisen Einsichten die Meyereyen, das Amthauß und noch mehrere Gebäude neu aufzuführen, nichts anders dann höchstnöthig zu seyn befunden haben. So ist sich hierbey weiter nicht aufzuhalten, sondern ein ander Grund zu suchen, wodurch überdas noch das Hospital herunter gekommen. Solcher ist
3.) die bisherige übele Verwaltung und Aufsicht auf die Bestellung des Ackerbaues. Wiewohl auch Mißwachs, Hagelschlag und anhaltendes Regenwetter zur Zeit der Ernde entschuldigen. Man geliebe mir die hiesige Amtsrechnungen nachzusehen, allwo sich finden wird, daß jährlich bis auf ein Tausend Rthl. Gerste zum spärlichen Auskommen angekauft werden müßen, welches aber nunmehro um deßwillen cessirt10, weilen, nachdem unter des jetzigen Herrn Obervorstehers Hochwohlgeb[orenen] ohnverbeßerlicher Direction dem Gärtner Himmelmann die Meyereyen anvertrauet sind. Dieser Mann sich des Ackerwesens allen Fleißes angelegen seyn läßet, so, daß in künftigen Zeiten das Hospital mit dem eigenen Gewächs sein reiches Auskommen - und nicht nöthig haben wird, fernerhin Früchte zu kaufen, wozu aber freylich ein Großes mit beyträgt, daß ich nach eingeholter gnädigen Approbation11 hochged[achten] Herren Obervorstehers an jedem Gebräu Bier ein V[iertel] Gerste abziehe, wodurch jährlich 50 V[iertel] Gerste, mithin 150 Rthl. allein ersparet werden.
Die vierte Ursache steckt in der eingerißenen übertriebenen Ambition, welche ist der Hochmuth. Was vor diesem ein Meister seiner Profession nach hiese und womit sich damahls ein ehrlicher Mann begnügte, der heißet jetzund ein Herr. Kein Mägdgen findet man jetzo fast nirgends mehr, sie heißen alle miteinander Jungfern. Und denen Vorzeiten der Name Jungfer beygeleget würde, wollen solche nicht mehr seyn, sondern Demoisellen. Die Unterbeamten liesen sich begnügen, wann man sie mit den Worten Herr und Er beehrte. Jetzo finden sich sich höchstens beleidiget, wann man sie nicht mit einem großen Reverenz Sie betitelt. Hier möchte mancher denken, was macht sich doch der ehrliche Mann mit dem Hochmuth soviel zu schaffen? Er gönne diese magere Ehre denen Bedürftigen. Die Titel sind ja nur blose Worte, vermöge deren einer dem andern mit Höflichkeiten suchet zuvorzukommen, welches um nach der heutigen Welt galant zu leben die Mode so mit sich bringt. Wann dieses wäre, so möchte man meinetwegen die Comoedie so weit treiben, als es die Schaubühne dieser Welt erlauben wollte.
Allein man brauche hier Aufmercksamkeit, die Sache ist von den schlimsten Folgen.
Der Geringste sucht es dem Obern nachzumachen. Das ist, er will sich seinem Rang und Titel nach auch standesmäßig in Eßen und Kleidung aufführen. Wie, wann er aber die zureichende Mittel nicht hat? So muß er entweder als ein ehrlicher Mann zu Grunde gehen oder den Caracter eines ehrlichen Manns beyseit setzen und das Principium erwählen: sive captum sive sit raptum, modo sit meum13. Genug! er will nach der heutigen Welt leben. Ich meine hier Niemand. Dabey bleibt es aber nicht nur nicht allein, sondern diese Ausschweiffung setzet ihnen weiter in den Kopf, daß es viel zu geringschätzig und unanständig seye, die allen Bedienten in ihren Instructionen hinten angefügte Generalclausul: “des Hospitals Beste prüfen, allen Schaden warnen, durch keine andere wißentl[ich] geschehen laßen p.p.” zu befolgen, daß sie solche vielmehr für bloße Buchstaben halten, denen die Observanz14 unsrer Zeit alle Bedeutung benommen hätte. Warum? ihre Ehre möchte darunter leiden. Es ist ihnen genug, wann sie ihr eigentliches Departement nur wahren. Man sehe hieraus, wie schädlich einem der Hochmuth auch in seinem Officio15 seye, nicht zu gedenken, daß man eben dadurch sich düncket klüger als andere zu seyn, ja sich so gar gegen seiner Obere vergißet.
Die fünfte Ursache des Verfalls ist, daß man die kleine Dienste verewiget. Dann so bald ein lediger Mensch zu einem Dienst gelanget, so nimt er eine Frau. Diese genieset alsobald gleich ihrem Mann die gemeine Kost. Sie bedencket aber nicht, daß sie vor das Brod schuldig seye zu arbeiten, gleichsam, als wann das Hospital dem Mann die Frau zu seinem Gebrauch halten müste. Und dafür begehret sie nach des Mannes Tod mit Recht, als Hospitalitin aufgenommen zu werden. Weit beßer wäre es, wann man die Diener und deren Weiber ordentlicher Weise wie das Gesinde zur gewißen Jahrszeit miethete. Und wann sie das Jahr über nicht fleißig sich bezeigten man befugt wäre, sie zu entsetzen. Auf solche Arth würden sie sich bestreben, sich gefällig zu machen.
Der Weiber Arbeit könte ohnmasgebig seyn, Kraut- und Kartoffeln setzen, hacken, austhun, in den Garten jäten und Gemüse reine machen. Welche Einrichtung um so nothwendiger wäre, als man bey Abnahme derer arbeitsamen Hospitaliten, sich fremder Hülfe mit schweren Kosten bedienen muß.
Die 6.te Ursache beruhet in dem Kostgeld, welches verschiedene statt gemeiner Kost genießen. Es bekomt jeder für eine Portion acht Rthl. Wer also drey Portionen hat, der bekomt 24 Rthl. an Geld. Dieses ist für nichts und wieder nichts. Es geht hierdurch dem preßhaften Armuth nicht das mindeste zu. Contrair, die Revenuen16 leiden mitsamt dem Armuth darunter. Ein jeder nimt sein Stück Fleisch à 10 Pf. wochentlich in natura, nicht vom Schlechten (dann da siehet sich wohl ein jeder für, daß er nicht zu kurtz komt) sondern vom Besten und läßet denen Schwestern die Knochen über, an welchen oft statt des ihnen gn[ädigst] geordneten 1 Pf. zur Portion nur 1/4 Pf. hangen bleibet. Am Gemüse und Ingredientien wird keineswegs dem ohngeachtet etwas gesparet. Statt des Brods bekommen sie Früchte und ihr Bier wie gewöhnlich.
Kurtzum, dem Hospital hilft diese veränderte neue Einrichtung nichts, sondern schadet jährlich ohne die dazu gekommene Lesers Besoldung, 56 Rthl., so viel macht das gemeine Kostgeld aus. Das Gemüse erziehet ein jeder in seinem Garten und wann er es kochen will, muß er Holtz dazu haben. Nach dem Eßen trinkt er den Coffée, welcher die Oprimam concoctionem17, wie es die Medici nennen, befördern helfen muß. Hierzu braucht er ebenwohl Holtz. Solche Umstände ruiniren mit der Zeit den Wald.
Es wird nöthig seyn, statt des freyen Brandt einem jeden ein Gewißes zu reguliren.
Bey ihren Vorfahren hatte man nicht nöthig, dieserwegen auf eine Aenderung bedacht zu seyn. Man traf solche Depencen18 bey ihnen nicht an, sie konten solche auch nicht ausführen und waren doch dabey ehrliche Leute. Ich finde nöthig, eine Deductionsrechnung19 beyzufügen, um zu zeigen, wieviel das gemeine Kostgeld bishierhin dem Hospital geschadet hat.
Die Siebende Raison20 steckt in der Trenn- und Vermehrung der Bedienungen. Die neu zugekommene Lesers Bedienung beträgt, man mag sie rechnen, wie man will, jährlich 70 Rthl. Und die neue Bodencontrolle wirft dem Gegenschreiber Scheffer über seinen ordinairen Gehalt21 40 Rthl. aus. Diese beyde Posten machen abermahl 110 Rthl. Auf solche Weise muß das Hospital mit der Zeit zu Grund gehen.
Hier möchte man mir zwey Einwürfe machen:
1) daß eine Bodencontrolle zu bestellen wegen des Überschußes nicht nur nöthig, sondern auch nützl[ich] dem Hospital zu seyn befunden worden und
2) einem Subject die Gegenschreiberey und Lesers Bedienung zusammen zu bestreiten zu beschwerlich fallen würde. Allein diesen Einwürfen ist leicht zu begegnen. Ich habe zwar gegen ersteren Posten nichts einzuwenden, wiewohl aus der Controlle, wann der Herrschaftlichen Meßordnung nachgelebet würde, kein sonderbarer Profit heraus komt. Die auswärtige Fruchtgefälle sind so beträchtlich nicht, daß ein großer Vortheil aus dem Übermaaß entstehen sollte. Folglich stecket derselbe mehrentheils im eigenen Gewächse einzunehmen und auszugeben. Dieses bleibt dem Hospital, es mag hoch oder tief gestrichen werden, vor wie nach, es ist einerley, ob das Hospital Einhundert richtige - oder ein hundert und Sechs kahl gestrichene V[iertel] besitzet, inmaßen 12 Metzen im Herummeßen nur 11 Metzen aus machen, wie ich an meinen Besoldungsfrüchten wahrgenommen habe. Diese Controlle macht also nur ein scheinbares Ansehen. Gesetzt aber auch, sie hätte ihren sonderlichen Nutzen, so weiß ich doch nicht, ob solche eine neue Besoldung meritiret22. Sie macht mit der dadurch entstandenen Lesersbedienung einhundert und zehen Rthl. aus, welche doch dem Hospital abgehen.
Des jetzigen Gegenschreibers seel[iger] Vatter hatte qua Leser und Gegenschreiber mehr Arbeit, als sein Sohn würklich hat, und dennoch hatte er keine so stattliche Besoldung.
Es scheinet, möchte mancher dencken, der Verfaßer ist so eifersüchtig auf die Controlle, weil ihme solche gleichsam als ein Brill auf die Nase gesetzet ist.
O! nein. Ich bin so eigennützig nicht, ich betheure vielmehr, daß meine Gedancken nimmermehr auf die Abstellung der Controlle gerichtet seyn werden, ob ich gleich dieses Profits, nachdeme mir die Additionalbesoldung23 abgeschnitten worden, bedürftig bin. Indeme von dem übrig gebliebenem Besoldungskorn ich mit meinem Gesinde kaum zu leben, vor meine Kinder aber, wann sich meine Famille, wie es die Apparance24 hat, vermehren solte, kein Brod habe. Doch hat der Herr bishieher geholfen.
Den 2.ten Einwurf zu erörtern, so habe ich bey Gelegenheit der mir aufgetragenen Küchencontrolle aus eigener Erfahrung gelernet, daß je mehr Arbeit einem aufgebürdet wird, je mehr man würcklich zu arbeiten im Stande ist. Und gesetzten Falls auch, es stünde in keines Kräften, der Leserey zusamt der Gegenschreiberey mit Nutzen vorstehen zu können, so hätte man dem Küchschreiber, welcher zu Wahrung der Küchenwochenrechnungen fast bey allen Einnahmen und Ausgaben zugegen seyn muß, die Bodencontrolle anvertrauen - wodurch diesem keine weitere Mühe und Arbeit zugewachsen wäre, den jetzigen Gegenschreiber aber bey der Küchencontrolle und Lesers Bedienung, folglich auch bey denen damit verknüpften Bestallungen belaßen können. Solchergestalt würden dem Hospital jährlich 110 Rthl., die so ohnnöthiger weise dahin gegeben werden, erspahret werden. Diese Gedancken konte ich, da res noch integra25 war, nicht eröfnen, weilen ich nicht darum befraget wurde. Man hätte mich können einen Naseweisen nennen, wann ich wäre zu vorlaut gewesen. Doch weiß derjenige am besten, wo ihn der Schuh drückt, der es fühlet. So viel von dem Vorfall.
Ich muß nunmehro auch, um meinem in beygehenden unterthänigem Schreiben gethanem Versprechen ein Genügen zu leisten, zeigen, wie dem eingerißenen Übel zum Theil abzuhelfen seyn und Mittel zur Beförderung des allgemeinen Wohls fürschlagen. Solche sind diese: Man stelle
a) das Kostgeld gäntzlich ab und laße einen Jeden, was ihm gebühret, wie er zuvor hat thun müßen, aus der Küche hohlen. Dann dadurch wird er, weilen ein Jeder gerne ißet, was wohl schmecket, aufmercksam auf den Koch, wann etwa Unterschleife unterlaufen solten. Und solches hilft denen Armen mit, die bisher mit allem zufrieden seyn müßen. Und auf solche Weise wird man auch dem Koch eigene Töpfe beym Feuer zu halten nicht gestatten können, sondern dagegen ihn auf das Sprichwort weisen: wie einer kocht, so ißet er. Solches hat auch diesen Nutzen, wann die Dienere gleich gehalten werden, so darf sich keiner auf den andern berufen, welche ohnedem nicht leiden können, daß jener vor dem andern in diesem Stück einen Vorzug genießet. Man warte
b) beym letzten Posten den Fall ab, wann durch anderweitige {Promotion, Translocation|Beförderung und Verlegung] und wie die Fälle sich eräugnen können, eine Veränderung geschiehet, und combinire alsdann die Gegenschreiberey und Leses Bedienung. Man schaffe
c) die so genante Kranckenkost gäntzlich ab, unter welcher ein großer Mißbrauch fürwaltet. Die eigentliche Krancke genießen diese Kost nicht, sondern die gesunde.
Nebst der Kranckenkost genießen sie auch die gemeine Kost und muß solchemnach eine krancke Person just noch einmal so viel eßen als ein gesundes. Statt deßen aber verbeßere man die Gemeine Kost und gebe vor die Krancken denen Dienersleuten zu kochen, was sie mehr erquicket und labsalet. Hierdurch werden dem Hospital wiederum mehr als ein Hundert und Fünfzig Rthl. ersparet.
Man nehme nun die Fünfzig Sechs Rthl. vor die Gemeine Kost, deßgl[eichen] die Einhundert und Zehen Rthl. Controlleurs und Lesers Bestattung hierzu, so kommen - 316 Rthl. heraus.
Wann diese nun wären bisher gespart worden, was würde das Hospital in Flor stehen? Allein man dencket hieran nicht, sondern schiebet alles denen schlimmen Zeiten zur Last. Diese aber sind nicht allein schuld daran. Ich kann mit Wahrheit sagen, daß das Hospital, wann daßelbe anders, für die denen Französischen Trouppen auf Ordres derer hohen Dicasterien26, gelieferte Fourage Holtz und Weitzen versprochener Maßen gleich denen übrigen Landesunterthanen, welchen das mehreste bereits vergütet worden, Bezahlung erhielte, viele Losung27 von den Alliirten Trouppen gehabt hat.
Ich habe dieser Lieferungen wegen wohl vier bis fünfmahl gehörigen Orts Fürstellung gethan, auch die Lieferungen de a[nn]o 1757 gegen einen Rückschein vom Renthmeister, Capitain Murarius, zu Gudensberg als bezahlt quittiret. Dem ohngeachtet kann ich nicht zur Zahlung gelangen, gleichwohl helfen alle meine Fürstellungen nichts und werde nicht damit gehöret.
Alle diese Umstände vermehren demnach die Rückstände, überhäufen die Schulden und vergrößern jährlich meinen Vorschuß, welchen ich gewißlich nicht würde leisten können, wann meiner Schwiegermutter Gütigkeit mir nicht allezeit aus der Noth hielfe. Es entgehen mir aber, oder vielmehr meiner Schwiegermutter, gleichwohl durch den Vorschuß, wie die Quartalsschlüße ausweisen, jährlich Viertzig und noch mehrere Rthl. Zinsen und wann solcher nicht geschähe, würde das preßhafte Armuth nothwendig darben müßen. Ich hab manchen Tag keinen Heller im Hauß und soll zu Unterhaltung des Armuths schaffen. Diese macht schlaflose Nächte, da man sich muß mit Gedancken quälen und siehet keine Hülfe. Es wird demnach allerdings nöthig seyn, daß man einige Aufmercksamkeit gebrauchet.
Weil mir übrigens die Kürtze der Zeit nicht erlauben will, ein Mehreres zu sagen, zumahlen mir, diesen Entwurff zu verfertigen allererst bey Gelegenheit des Herrn Obervorstehers Hochwohlgeb[orenen] Gn[aden] in voriger Woche erfolgter Rückreise durch Dorla auferlegt worden, so wird sich die hierin gebrauchte Eilfertigkeit entschuldigen laßen und ich mich vergnügen, wann meine gute Intention in Gnaden bemercket wird.”
1 : Pächter
2 : Plünderungen
3 : Versorgung mit Nahrungsmitteln
4 : abgezogen
5 : Leidenschaft/Parteilichkeit
6 : Untergeordneten
7 : angenehmen
8 : Einnahmen
9 : Zinsen ausbleiben
10 : ausbleibt
11 : Zustimmung
12 :
13 : ob es erworben oder gestohlen ist, wenn es nur meins ist
14 : Gewohnheit
15 : Amt
16 : Im Gegenteil, die Einnahmen
17 : Verdauung dämpfen
18 : Ausgaben
19 : Ableitung
20 : Ursache
21 : normales Gehalt
22 : verdient
23 : zusätzliche Besoldung aus der Kontrolle
24 : Ansehen
25 : die Sache noch in Ordnung
26 : Ämter
27 : Einnahmen
PersonenAdam Friedrich, von Cappellan zu Lüderbach (*30. September 1702 - +25. Juni 1779 | 1756-1767 - Vogt in Haina)
Anton Fey/Fay (* - +12. März 1773 | 1757-1773 - Vogt in Merxhausen)
Schlagworte: Insubordination, Merxhausen, Plan, Reform, Unterschleif,