Promemoria zur Verteidigung der Besetzung einer Fruchtwenderstelle durch Rentschreiber Exter

Jahr:1818
Autor: Johann Gottlieb Exter (* - + | Vogt in Frankenberg und Wetter
nachgewiesen von 1792-1824 - Rentschreiber in Haina)
Empfänger: (* - + | )
Signatur: LWV Hessen, Bestand 13, Personalakten A 56
“P.M.
Früher habe ich immer einen eigenen Knecht gehalten, bin aber durch den Befreyungskrieg, der mir den Knecht aus dem Dienst nahm und es zugleich unmöglich machte, dazu ein anderes taugliches Subject zu erhalten, darin unterbrochen worden. Habe mir seitdem die einschlagende Arbeit durch einen Hospitaliten verrichten laßen, ehe jedoch die Recciußische Denunciation einging und ohne davon nur von weitem etwas zu vermuthen, mir fürs künftige Jahr wieder einen eigenen Burschen aus der vernünftigen Welt angenommen. Hätte dieses auch früher schon, gleich nach Beendigung des Kriegs gethan, wenn Hospitalit Buntfus, welcher im vorigen Sommer aus meinem Dienst zu seiner Familie auf Urlaub zurückgekehret ist, die Beybehaltung nicht so sehr gewünscht hätte. Indeßen bin ich nach jenen Bemerkungen nun für jede künftige Einrichtung ziemlich neutral und halte es daher um so mehr für meine Pflicht, das Resultat meiner sich nicht erst von meiner Dienstanstellung, sondern schon von meiner Jugend an datirenden, also fast 50-jährigen Erfahrung über diesen Punct anzuzeigen. Wenn Thätigkeit und paßende Beschäfftigung der Hospitaliten anerkannter Maasen zu der ersten Sorge der Hospitalsadministration gehört, und die Unmöglichkeit, diese vom Hospital für so viele Menschen unmittelbar zu verschaffen, jedem von selbst in die Augen leuchtet, so vermag ich kein Bedenken darin zu finden, wenn solches mittelbar durch anständige Arbeiten bey den hiesigen Bewohnern geschiehet. Auch dadurch wird die Gefahr, welches das Zusammenwohnen so vieler müßigen, verstandskranken Menschen, mit sich führt, vermindert. Und die Individuen, welche zu solchen Beschafftigungen admittirt [zugelassen] werden, kommen mit vernünftigen Menschen in nähere Berührung. Hierdurch aber wird auch der letzte Funke von Vernunft, der geringste Ueberrest des Sinns für Ordnung, wenns möglich ist, von neuem geweckt und belebt. Der Verdienst, den die Hospitaliten sich dadurch erwerben, stillt manches ihrer Nebenbedürffniße, und da man nur brauchbare und ordentliche Menschen dazu nimt, so befördert die Außicht dazu unter den Hospitaliten auch im Allgemeinen schon ein gewißes Streben nach dem Ruf davon. Ganz vorzüglich werden diese gute Würkungen bey denen Hospitaliten erreicht werden, welche zu Verrichtung häußlicher Arbeiten als Knechte oder Haußbursche für beständig angenommen werden. Der stete Umgang mit dem vernünftigen Gesinde des Haußes, die ununterbrochene specielle Aufsicht, unter der sie arbeiten müßen, führt sie allmählich wieder zur Ordnung zurück, giebt dem Gebrauch der Vernunft einen neuen Schwung, der durch das erwachte Ehrgefühl, durch den wieder belebten Sinn für Anstand, diese mächtige Hebel aller guten Handlungen, mehr gestärkt und selbst dadurch genährt wird, daß ein solcher Hospitalit, zumal wenn er noch jung ist, von seinem Verdienst manches auf Putzbedürfnisse und elegantere Kleidungsstücke ver- und dadurch dem Hospital einige Ersparniß zuwenden kann. Auch die höhere Hospitalsbehörde muß schon seit langen Zeiten eben diese Aufsicht von der Sache gehabt haben, indem sie verordnete, daß den Vorwercks-, Wirtschaffts-, Bierbrauerey-, Garthen- und Mühlenpachtern unentgeltliche Hülfe der Hospitaliten contractsmäßig zugesichert werden sollte. Wie es aber eine sehr auffallende Inconsequenz zu seyn scheint, wenn diesen Leuten, die nicht mit dem Hospital, sondern nur mit ihrem Nutzen in Verbindung stehen, das unentgeltlich verwilligt würde, was den Beamten und Dienern, die für das Hospital arbeiten, für selbiges und deßen Pfleglinge in besondere Pflichten stehen, gegen Bezahlung untersagt seyn soll, wenn man es hier bedenklich fände, taugliche Hospitaliten mit dem Gesinde stiller und ordentlicher Privathaushaltungen anständige Arbeiten verrichten zu laßen, während dem sie dort unter dem Gesinde der Pachters dienen und gleichsam zu deren Disposition gestellt seyn sollen. Bleiben auch alle diese Arbeiten für die Hospitaliten nach wie vor gestattet, so reichen sie doch bey weitem noch nicht hin, um auch nur die Arbeitsfähigen davon hinreichend zu beschäfftigen. Ich sehe also keinen Grund ein, warum man auch die wenige Gelegenheit dazu noch beschränken wollte, besonders da es sich von selbst versteht, daß die Hospitaliten nur zu anständigen und für eines jeden Individualitaet schickliche Arbeiten gebrauchen werden dürffen, solches auch noch der von Hospitals wegen für gut findenden Ordnung und Aufsicht geschehen muß.
H[aina] 19/10 18“

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Schlagworte: Arbeit, Berichtsschreibung, Gesundheit, Haina, Hospitaliten,