Visitation
Die Hospitäler unterstanden trotz ihrer organisatorischen Selbstständigkeit einer eingehenden landesherrlichen Kontrolle, die nach den Erbteilungen Hessens im 16. und 17. Jahrhundert von den beiden Linien Hessen-Kassel und Hessen-Darmstadt gemeinsam ausübt wurde. In beiden Landgrafschaften waren jeweils zwei Räte für die Belange der Hospitäler zuständig. Sie waren langfristig mit den Belangen der Hospitäler beschäftigt und gutachteten im Bedarfsfall. Diese Quellen sind in den beiden landesherrlichen Archiven in Marburg und Darmstadt erhalten.
Das wichtigste Kontroll- und Gestaltungsinstrument dieser Räte war die jährlich stattfindende vier- bis achtwöchige Visitation der Hospitäler. Hier kamen alle vier landgräflichen Räte aus Kassel und Darmstadt zusammen, wobei sie durch den Obervorsteher verstärkt wurden, der trotz seiner Arbeit für und im Hospital zur Visitationskommission hinzugehörte. Er wurde nicht visitiert.
Diese Visitationen begannen in jedem Jahr am 1. Mai. Sie sahen im Wesentlichen eine Kontrolle der Bücher vor, wobei die Räte sich freilich auch die Gebäude sowie die Hospitaliten selbst ansahen. Auf die festgestellten Mängel folgten jeweils detaillierte Visitationsprotokolle. In ihnen standen Anweisungen allgemeiner Art zur Führung des Hospitals neben spezifischen Korrekturen zur Rechnungslegung (monita generalia et specialia). Aus diesen Visitationsprotokollen wurden anschließend Auszüge erstellt, die an die jeweiligen Beamten gegeben wurden. Außerdem wurden im Hospital selbst immer neue Zusammenstellungen der wichtigsten Anweisungen der vorangegangenen Jahre erstellt.
Das Vertrauen in das Instrument der Visitation war groß, zumal es seit dem Mittelalter in weltlichen und kirchlichen Organisationen breite Anwendung fand. Das Studium der Visitationsprotokolle erweist allerdings schnell, dass viele Anweisungen Jahr für Jahr wiederholt wurden und dass selbst mit Strafen bewehrte Mahnungen nicht umgesetzt wurden. Es ist daher schwer, den konkreten Nutzen der Visitationen zu beurteilen, zumal nur langjährige grobe Verstöße von Seiten der Beamten zu Entlassungen führten.
Im Rahmen der Visitationen war im Übrigen Gelegenheit für die Armen der Umgebung wie die Angestellten des Hospitals, sich mit einer Bitte bzw. Supplik an die Visitationskommission zu wenden, um etwa eine finanzielle Unterstützung oder eine Sachhilfe zu erbitten.
Gliederung:
  1. Einführung in die Hospitalgeschichte
  2. Organisation
  3. Gutsbetrieb
  4. Leben im Hospital
  5. Literatur
  6. Quellen
  7. Linksammlung