Gutachten über den Gegenschreiber Feritz, angesichts einer Klage des Hofheimer Vogts Rotenberger wegen boshaften Verhaltens
„
Pr[aepositus] pr[aetexta]
Von dem alten Feriz, so dermahlen in dem hohen Sambthospitahl Hoffheim sich als Frucht- oder Gegenschreiber engagiret, ein wahrhafftes portrait überhaupt zu machen, so ist derselbe ein Ausbund von einem recht boßhafften Menschen, der gegen seine rechte Wohl- und Gutthäter in dem höchsten Grad ein undankbahres und
calumniantisches Gemüth bezeuget, und davon bey mir und andere ehrliche leuthe offenbahre Proben dargetahn. Aus seinem bißherigen gottlosen Wandel ist dahero zu schließen, daß derselbe den Fluch tragen und in seinem ziemlichen Alter sich noch elend und verlaßen sehen muß, weilen er an keinem orth, obgleich er bey einigen Jahren sich völlig
ausgesäkelt, mithin nunmehro ohne Hülffe und Nahrung nicht seyn kan, zu verharren vermag, und so viel mir bekandt ist, hat er bey verschiedenen Jahren ziemliche
Mutationes mit gröster
Disreputation frequentiret. Anno 1714 habe gedachten Feriz zum ersten Mahlen hier gesehen, da er außer Diensten deß Herrn Oberjägermeisters von Venninger zu Heydelberg getretten. Nach Verfließung einiger mußigen Jahren ist von dem jüngst verstorbenen H[errn] Regierungs-Rath Schmitt derselbe, auf sein groses
Sollicitiren, an Herrn Ober-Marschall von Wallbrunn zu Ernsthoffen zum Haußverwalter
recommendiret worden, woselbsten er, Feriz, kaum ein Viertel Jahr sich auffgehalten. Derselbe hat nach der Hand sich wieder hieher begeben und so lang vom Müßiggang profitiret, biß er zum H[errn] Graffen zu Wertheim als
Keller gekomen. Aber sich alda über ein halb Jahr nicht
arretiret, sondern heimlich die Flucht genommen. Jedoch auf verschiedenmahliges
Citiren und unter scharffer Betrohung sich zu Wertheim zur Ablage seiner Rechnung
sistiret, aber, weilen er damit nicht bestanden, und mit keiner Caution aufkommen konnen, nach einem ausgestandenen 4-wochigen würklichen Personalarrest, einen
juratorischen Revers de solvendo ausstellen und zurücklaßen müßen. Jedoch, meines Wissens, diesen dato nicht
suppliret. Bey seiner
Retour sich hin und wieder umb Beforderung
sollicitiret, mich auch so lang geplaget, biß ihme zur damahligen vacanten
Steuerperaquatur in der
Renth Pfungstatt verholffen. Gleichwohlen in kurzer Zeit solche, da die Unterthanen sich über deßen Faulheit und Unrichtigkeit beschweret und gar gegen ihn eine
inquisition ausgebracht, von selbsten
quittiret, nachmahls bey nunmehrigen Herrn Ober-Ambtman Ernst von Schrautenbach, als dieser noch zu Stammheim in der Wetterau sich auffgehalten, als Verwalter sich engagiret. Aber über ein Jahr lang nicht Stande gehalten, sondern, nachdeme er vorhero mit denen Görtzischen
Gütherbeständer grose Änderung
causiret, und die neu Angenommene uf 300 g. gebrandschazt und angezogen, seine
Dimission genommen. Auch so lang nicht geruhet, biß er solches heimlich an sich gebrachtes Geld bey seinem etlich jährigen Auffenthalt zu Buzbach auf eine liederliche Arth verthan. Mithin das
vulgatum, wie gewonnen, so zerronnen, erfüllet. Nach diesem sich wieder anher begeben und etliche Jahre wieder den Müßiggang frequentiret. Endlichen bey Absterben meines Tochtermanns, des gewesenen Steuer-Einnehmer Heintzenbergers, an[no] 1736 mich dahin
suadiret, daß ihn Feriz zur Rechnungs Verferttigung, auch Auszahlung der Gelder angenommen und so fort ihme das gantze Rechnungsgeschäfft anvertraut. Allein leyder zulezt ist es ohne den empfindlichsten Verdruß nicht abgangen, dann derselbe mit 3 kahlen geringen Rechnungen ein Viertel jahr lang sich auffgehalten, sein Geschäfft
negligiret, und fast nichts gethan. Alle Tage aus- und in Compagnie gangen, und biß des abends 10, 11, ja 12 Uhr spat ausgeblieben, ja so gar meine Kost schändlich verachtet und einsmahlen in meiner Abwesenheit den Löffel so auf den Tisch geworffen, daß meine Frau es ohne Empfindung nicht ansehen können. Durch diesen Vorgang und desen bezeigte üble
Condouite bin hernacher bewogen worden, mit dem gottlosen Menschen ein Finale zu machen. Indesen aber den Verdruß gehabt, daß seine böße Rechnungshaußhaltung durch seine besondere Commission untersuchen lasen müßen. Da derselbe meiner Tochter durch Einhaltung herrschaftl[icher] Gelder über 80 g. schuldig verblieben und sofort diese
restituiren muß, wie wohlen leztere zu Abschneidung groser Weitläufftigkeit bey 17 g. zurückgelaßen, so der böse Feritz
disputiret. Ich zweiffle nicht, daß derselbe seine Fruchte bey seiner jezigen Function ebenfalls zum Ausschlag bringen werde. Nebst deme verwundere mich nicht wenig, das man einen solchen Menschen zu recommendiren suchet, deßen uble Condouite doch fast aller Orthen wohl berüchtiget ist. Auch der wegen seiner
contractur nicht einmahl sich im Stande befindet, der jetz aufhabenden Bedienung abzuwartten oder solche der Gebühr zu versehen. Sonsten ist sein
proprium gut Eßen und Trinken, Mußiggehen und seine Zung zu gebrauchen. Von wegen seiner Persohn,
ad particulia mit der Beschreibung gehen wolte, so hatte fast ein Buch Papier darzu nöthig zu gebrauchen. Ich will jeden guten Freund auffrichtigst gewarnet haben, so viel es möglich, sich seiner Persohn vielmehr des Umbgangs zu entziehen, weilen es ein gefehrlicher und gewißenloßer Mensch ist, deßen unter andern H[err] Rechnungs-Rath Hermann ebenfalls attestiren kan. Im ubrigen kan hiermit
contestiren, daß Vorgängiges noch mit vielen
Specialiteten amplificiret und gründlich
deduciret werden könte, wann es verlanget wird, und dermahlen
ad rhombum gedienet hätte.
Darmbstatt, den 29. Jan[uar] 1739.
[P.S.] Dieses ist mir noch beygefallen, das der Feritz bey dahiesiger Mehlwaag als Mehlschreiber von mir
recommendiret worden, aber auch dabey, weilen er nicht das Einsizen, sondern das Lauffen gewohnet, nicht geblieben, sondern in kurzer Zeit den Abschied hinter der Thür genommen, wie dieses vom hiesigen Stadtrath attestiret werden kan.“
Im Jahr 1741 wird ein Urteil gegen Feritz gefällt, der unter Aufsicht gestellt werden soll.