Der Pfarrer Wagner führt Beschwerde gegen eine Reihe von Hospitalsbediensteten in Hofheim
„Hochwohlgebohrner Freyherr
Gnädiger Herr Obervorsteher

Ew[er] Freyherrl[ichen] G[naden] werden zweifelß ohne bey Dero hohen freyherrl[iche] Familien glücklich retourniret und bey hohem Wohlseyn angetroffen haben, wozu mit unterth[änigem] Respect gratulire. Hiesige Gegend hat nach der Abreiß sehr harte Fata Feuer- und Waßers-Noth erfahren. Am verwichenen XVI. Sontag nach Trinit[atis] ist über Rhein zu Gembsheim des Nachts um XI Uhr ein entsetzliche Feuersbrunst entstanden, daß 42 Häuser, 47 Scheuern, ohne die Viele Stallung durch die bey hefftigem Wind wütende Flamme verzehret worden. Dieser Ort celebrirte eben an solchem Sontag ihre Kirchwey, lebten herrl[ich] und im Wohlleben, aber Gott hat ihren Reihen in Weheklagen verwandelt. Den folgenden Abend gegen VII Uhr, die Michaelis ist ein gewaltiger Regen gleich einem Wolckenbruch kommen, daß hinter Eberstadt und an dem Gebürge viele Menschen und Viehe ersoffen, Stallung und Häußer überschwemmet, die Sand-Bachs am Hospithal in die Schwarze-Bach fället, war gar sehr angeloffen und ausgetretten, daß die dasige beyde Weyden Klauer, auff den Crumstadter Weyd, ia alle Wiesen unter Waßer und das Krummet weg geschwemmet worden. Ew[re] Freyherrl[iche] Gnaden sind diesen wütenden Fluten recht glückl[ich] entkommen und Gebe Gott! daß dieselbe auch unter wegen keine Gefahr gehabt. An Dero höchst beständigen Prosperitaet nehme um so viel größern Antheil, da Dero recht adeliche Generositaet und Pietaet zu meiner besondern Consolation erst kennen lernen. Demnach mich alles Ernstes bemühen werde, zu dero Gnaden mich zu insinuiren. Doppelt wäre vergnügt, wo nur im Hospital Hoffheim mit keiner so schlipfrichen Freundschafft umgeben und alles Gute, so Ew[er] Freyherrl[iche] G[naden] bey Dero Hierseyn g[nädig] gestifftet und angeordnet, nach Dero Abreiß so ergerlich umgekehret würde. Dieselben geruhen dero g[nädige]n Befehl ohnschwer sich zu erinnern, daß wann ein sterbender Pfründner auch nur coram uno teste seinem Pfarrer wegen der ihm zu haltenden Leich-Predigt pro labore etwas promittirte, ihm solches nach seinem Todt gereichet werden solte. Nun hat die am 28.ten passato verstorbene Pfründner Pfuhlin, von dem an ihrem Mund und tägl[ichen] Kost ersparten Keeß-Geld, mir 3. G. 20. Alb. zugedacht, masen sie (weil ihr wehrender Kranckheit, auch Zeit sie im Hospithal gewesen vielfältig besucht und assistiret) wenige Zeit vor ihrem End ihre wenige Heller durch ihre Stuben-Schwester Billmayerin und Warth-Magdt Gottschalkin zählen lassen und befohlen, mir solches so gleich, da eben darauff nach geendigtem Sonntäglichen Gottes-Dienst zu ihr an das Krancken-Bett gekommen, vor die ihr zu haltende Predigt und Schüler auszuzahlen. Meines Orts aber hatte Bedencken, da man die Prediger so gar leicht richtet und urtheilet, das Geld damahlen anzunehmen, zumahl die Frau noch in dem Leben, von ihrem Geld zu ihrer Erquickung etwas brauchen oder wieder genesen möchte. Gab desfalß zur Antwort, die Billmayerin, so das Geld in Verwahrung, könte es bis nach ihrem Todt und gehaltenen Predigt bey sich behalten. Wenig Stunden darnach, da die Pfuhlin verschieden, nahm Herr Hospithal-Meister Rothenberg das Geld zu sich, und als den 30.t. pass[ato] nach gehalthener Leichpredigt nach dem von der defuncta mir promittirten accidente fragte, und die Restitution gebethen, so behilte es dieser mit dem nichtigen Vorwand zurück, daß dem Hospithal etwas zu ersparen und kein Pfründner in solchem Fall über das seinige zu disponiren hätte. Kein Auffsehen zu machen, habe indeßen die nach der verstorbenen christlichen Mitschwester von Crumstadt mitgebrachte Schüler ex propriis bezahlet.
Wann es de necessitate könte gar leicht erweisen, daß binnen denen zwey bis drey Jahren das hochfürstl[iche] Constistorium zu Darmstadt g[nädi]gst mir demandiret, die Hospithalitten ohne Unterscheidt mit Leichpredigten zu beerdigen, wohl 20 dergleichen Predigten gratis gehalten, niemahlen nichts gefordert, wo der defunctus nichts hat und nichts denominirt. Wie eiserlich merke, so meinet H[err] Hospital-Meister Rothenberg 3 fl. seyen vor eine Leich-Predigt zu viel. Concedo, wo von allen so viel empfinge, eine vor 3 G. und 20 da nichts von bekomme, ist keine Vergleichung.
Ew[re] Freyherrl[iche] Gnaden haben allen – etwa vom Zaun abgebrochenen Exceptionen – kräfftiglich durch Dero g[nädig] Decisum begegnet, daß wann iemand aus eigener Bewägung, von dem, was er an seinem Mund erspahret, dem Pfarrer, so bey Regen und Schnee, Frost und Hize, Tag und Nacht wegen der Krancken viele Bemühungen und s. h.[??] manchen Gestanck einschlucken muß, nur in Beyseyn eines Zeugen etwas verspreche, ohnweigerlich gereichet werden solle. Ersters nun richtig, daß die Pfuhlin in Gegenwarth zwey, ia wohl 6 und mehrern Zeugen, die 3 G. 20 Alb. mir versprochen und auszahlen wollen. So bin von Ew[rer] Freyherrl[ichen] Gnaden vestiglich versichert, es werden höchst dieselben in Gnaden befehlen, daß H[err] Hospithal-Meister Rothenberg Dero Verordnung hoc in possu in gehorsamster Nachachtung ein völliges Genügen leisten und das mir zurück gehaltene Accidenz auszuzahlen. Hierunter gnädiger Assistenz mich getröstendt verharre in gehorsamstem Respect

Ew[er] Hochwohlgebohrnen Freyherrl[ichen] Gnaden

und Gnädigen Herrn Obervorsteher

unterthäniger Diener

Wilhelm Balthasar Wagner
Pfarrer zu Crumstadt

Crumstadt, den 3. Octob[ris] 1732“

Von Hand des OV hinzugefügt:
„1732
Bericht wegen eines Leichenaccidenti, so H[err] Hospitalmeister Rothenberger nicht gegen das Vermächtnus dem Pfarr außfolgen laßen wollen:

ist schrifftl[ich] befohlen, das Geldt dem Pfarrer zu geben.“


2. Brief
Wilhelm Balthasar Wagner an Obervorsteher von Urff

„Hochwohlgebohrner Frey Herr
Gnädiger Herr Obervorsteher

Ew[er] Freyherrl[ichen] Gnaden gratulire gehorsamst zu dem glücklichen Jahreswechsel. Der Große Gott wolle dieselbe mit deren gn[ädigen] Frau Gemahlin und ganzen hoch adelichen Familie bey beständigem hohen Wohlseyn in diesem und vielen folgenden Jahren kräfftiglich erhalten! Wie Dieselben denen geheiligten Fundationen mit aller Dexteritaet und unermüdeter Sorge vorstehen, so wolle der Vatter im Himmel Dero hochst löbl[iche] Intentiones zur Consolation der Elenden und Auffnahme der geistl[ichen] Stifftungen reichlich segnen! Ew[re] Freyherrl[iche] Gnaden will in das besondere mit gehorsamen Respect mich empfehlen und bitten, Dero gnädiges Vertrauen in meine Wenigkeit zu setzen, daß wie in dem hiesigen Hospithal Hoffheim bey der Administration concurriren muß, alles nach meinem besten Gewißen thun werde. Betaur aber von Grund der Seelen, daß die, mit denen alhier concurriren soll, täglich culpabeler werden und immer von der hiesigen Haußhalthung solche Klagen continuiren, so von einem, der an Gottes gerechtes Gericht dencket, nicht zu vermuthen. Meines Orts suche nichts anders dan Frieden, bin aber leyder so unglücklich, daß statt einer amicabelen Freundschafft steten Verdruß und Despect erfahren muß. Ew[re] Freyherrl[iche] Gnaden bey letzterem Hierseyn Dero gnädigen Assistenz mich versichert bey allem ein gutes Gewissen habe, dem Küchenschreiber und Lectori eben also ergehet, so will gedultig leyden bis der Höchste drein sehe. Ohnausgesetzt verharre

Ew[er] Hochwohlgebohrnen Freyherrl[ichen] Gnaden
Herrn Obervorstehers

unterthanig gehorsamer
Wilhelm Balthasar Wagner

Crumstadt, d[en] 29. Decembr[is] 1732”

Aufschrift von OV:
„1732. Schreiben vom H. Pfarrer Wagner zu Crumstadt
d. 29. [Dezember] 1732
1. Ein Neu Jahrw[unsch]
2. wegen der inculpablen Haußh[altung]

d. 14. Jan[uar] 1733 beantworttet C[onzept] Buch“
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