Eine ausführliche Visitation des Hospitals Hofheim durch Obervorsteher von Stamford anlässlich der Einsetzung des neuen Vogts Georg Reuß
Konzept von Schreiberhand mit einigen Zusätzen von Stamford selbst.

„Relation in welcher Verfaßung ich das Samthospital Hofheim gefunden habe.

Fürstl[icher] S[amt] Commißion verfehle ich nicht Relation über meinen Auftrag, Special Visitation im hohen S[amt]-Hospital Hofheim zu halten, hiermit gehorsam abzustatten. Ob ich der Erwartung derselben ganz entsprochen und den Zweck meiner Sendung gehörig erfüllet habe, wird aus nachfolgendem erhellen.
Nachdem ich meine Reise d[en] 5.ten Julij angetretten hatte, traf ich den 9.ten ejusd. allhier ein, fieng die Geschäffte unverzüglich an, fuhr unermüdet damit fort, und fand leider! manches viel schlimmer als ich mirs vorher vorgestellt hatte. Hoffrath Reuß wurde als Hospitalmeister gleich anfänglich installirt und der hiesigen Dienerschafft vorschrifftmäßig vorgestellt. Wobei ich mich bemühete, diese Handlung so feyerl[ich] als möglich zu machen, indem ich den Anwesenden zu Gemüthe führte, wie höchstnothwendig Subordination seye, wenn alles in gutem Gang fortgehen und das Geschäffte ohne einige Stockung geschehen solte. Ich verwieß endlich jeden auf seine Instruction, worauf er in Pflichten genommen seye. Als ich nun aber jedem die seinige abforderte, damit sie aufs Neue vorgelesen würde, kams heraus, daß weder der Küchenschreiber noch der Hausschreiber dergleichen je erhalten hatten. Der Gegenschreiber Kattmann wurde bereits a[nn]o 1793 auf meine eigenhändig aufgesezte Instruction durch den nun verstorbenen Hospitalmeister Katz in Pflicht genommen. Musculus sagte mir, als ich ihm die seinige abforderte, gerade heraus: er habe mit einem zeitigen Obervorsteher noch nie etwas zu thun gehabt. Er seye von F[ürstlicher] S[amt] C[ommission] als K[üchen-]Schr[eiber] angenommen worden, welche ihm keine ertheilt hätte. Daß ich ihm hierauf, weil mir seine seltsame Aeußerungen sehr auffielen, gehörig entgegnete, wird sich F[ürstliche] S[amt] C[ommission] umso mehr vorstellen können, als jene Erklärung wahrlich keinen Geist der Subordination, weder gegen mich, noch weniger also gegen den neuen Hospitalmeister ahnden ließ. Alles endigte ich zulezt damit, daß ich diesen und den Haußschreiber bedeutete, wie ich für jeden eine Instruction selbst aufsezen würde, worauf ersterer auf seine bereits ehemals dem Institut als Controlleur geleistete Pflicht handthätig gemacht, lezterer aber auf die seinige beeidigt werden solle. Nach weiterer Erkundigung erfuhr ich auch, daß weder die 5 Aufwärterinnen, noch der Pförtner, noch der Holzaufsichter Instructionen bekommen hätten. Ich sezte daher dergleichen auf, und ließ sie demnächst alle d[en] 28.t d[es] M[onats] darauf verpflichten. Musculus aber machte ich blos darauf handthätig. Ehe dieses aber geschahe, mußte ich die Aufwärterin Göbelin Betrügereien halber fortschicken. Und eine andere Frau, die mir vom Inspector Schott zu Crumstadt als brav und ehrlich anempfohlen war, wieder annehmen.
Als ich samtl[iche] Logementer der hiesigen Armen besuchte, erblickte ich mit Abscheu und Ekel, daß die meiste Lagerstätte derselben nicht denen für Menschen, sondern für Hausthiere gleichen: Ober- und Unterbetter und Küßen zerrißen, unflätig beschmuzt, und auf jedem nur ein einziges Leintuch. Die anwesende Behörden versicherten mich auf mein Befragen, daß bisher nur ein einziges Leintuch zu jedem Bett geliefert worden seye, hinzusezend, daß, wenn ein solches alle 6 oder 8 Wochen gewaschen würde, so lägen die Armen mittlerweile ohne dergleichen. Welche Unflätereyen und Unreinlichkeiten hierdurch, zumahl beym weiblichen Geschlechte, entstehen müße, welcher Schaden dadurch dem Institut zuwachse, habe ich F[ürstlicher] S[amt] C[ommission] in meinem Bericht vom 16.ten Julij bereits deutlich und hinlängl[ich] erwiesen. Keinen Augenblick versäumte ich, hierauf Anstalten treffen zu laßen, daß, wo es nöthig ist, neue Überzüge und für jedes Bett noch drey Leintücher verfertigt werden. Und bald werden diese arme Geschöpfe reinlich liegen, welches denn für eine wahre Wohlthat und eine gute Verpflegung mehr seyn wird.
Fürstl[iche] S[amt] Commission suche ich nicht durch declamatorische Ausdrücke in dieser Schrifft zu rühren, weil alles was ich hierin vortrage, das ächte Gepräge der vollen Wahrheit haben muß. Durch dergleichen Floskeln brauche ich daher die Empfindung edler Männer von Einsicht, von Herz und Gefühl, nicht rege zu machen. Eine große Menge Baugebrechen, besonders aber im Schwesternhauß, bemerkte ich aller Orten. Lezters muß am Ende ganz zerfallen, wofern nicht bald höchstnöthige Reparaturen erfolgen. Der Grundsaz, daß man von Verstorbenen nichts als gutes reden solle, kann von mir, der ich mich aus Pflicht gedrungen fühle, in diesem Aufsaz, so gern ich auch sonst wolte, nicht ausgeübt werden, gesezt, daß er auch paßend wäre. Den ich aber darum nie so gefunden habe, weil durch ihn die Nachwelt nie mit Wahrheit erfahren würde, welches Individuum Tugenden aller Art mit Rechtschaffenheit gepaart hätte. Denn nach jenem Saz würden ja alle Fehler, alle Irthümer, Nachläßigkeiten, Versäum- und Vergehungen durch den Schleyer des Todes bedeckt und nichts als Vortheilhafftes von Verblichenen gesagt und geglaubt werden. Umsonst arbeitete also der Brave, der Thätige, der Fleißige, damit von spätern Nachkommen er dafür erkant werden möge. Und was wäre alsdann wohl seine Belohnung? Das Bewußtseyn allein während seinen Lebzeiten seine Pflicht genau erfüllt zu haben. Hörte er aber auf zu seyn, so würde alles von ihm ins allgemeine trugsame Gerücht gegoßen werden.
Nach dieser kleinen Ausschweiffung kann ich daher nicht umhin, hier meine Meynung unverhüllt zu sagen: daß der vorige Hospitalmeister schon eine lange Reihe von Jahren sich sehr wenig, wie er solte, um das wahre Wohl der Armen bekümmert haben müße. Ihm genügte, daß er nur wußte, sie seyn satt geworden, ohne daran zu dencken, auf welche Weise es geschehen seye. Er wußte zwar, daß sie nicht auf der blosen Erde und auf purem Stroh lagen, aber es schien ihm einerley zu seyn, ob sie gleich wie Thiere in Löchern oder Nestern nisteten. Zufrieden, daß sie nicht unter freyem Himmel haußten, schien es ihm gleichgültig zu seyn, ob das Gebäude früher oder später einfiele. Kleine Schäden ließen sich mit geringen Kosten ausbeßern, und man ließ ihm Macht dazu, es thun zu können. Er unterließ es indeß, weil er die Logementer nie, oder sehr selten besuchte, und weil er als Pachter des Vorwercks viel lieber sah, daß ihm immer von neuem oeconomische Gebäude aufgeführt würden. So ists höchst unverzeihlich, daß einige Jahre vor seinem Hintritt, auf seinen alleinigen Betrieb, ein Stall für seine Rinder auferbaut wurde, deßen sich doch der jezige Beständer blos zu Legung seines Holzes, und also gar nicht zu jenem Behuff bedient, weil er der Absicht keineswegs entsprechend erbaut ist. Wären die Kosten nun davon zum Schwestern- und Brüder-Bau angewandt worden, so brauchte ich jezt die Feder desfalls nicht in die Hand zu nehmen. Aus beygehendem Bau-Uberschlag sub A. wird F[ürstliche] S[amt] C[ommission] ersehn, welche gröstentheils unaufschiebliche Reparationen in allen Gebäuden vorgenommen werden müßen.
Mehrere leidende Kranke fandt ich, wie es ehedem zu Haina gewesen, und zu Merxhausen aus Mangel des Raums noch ist, bis daselbst gebaut wird, mitten unter den Gesunden liegend. Welche solche, wo nicht mit der näml[ichen] Krankheit anstecken, doch aber durch die ungesunde Inhalation um so eher sich werden müßen, als sie schon ohnehin ein andres Gebrechen an sich haben, ohne welches sie sonst der hiesigen Pflege nicht genießen würden. Da ich nun beobachtete, daß in mehreren Zimmern überhaupt noch 24 Bettstellen mehr stehen könten, so ließ ich das Zusammenrücken derselben sogleich veranstalten und zwey Kranckenstuben, eine im Brüder- und die andere im Schwestern-Hauß zurecht machen, indem ich noch sonst das Nöthige dazu verordnete, wie aus beyliegender Abschrifft Lit: B. meiner allhier zurückgelaßenen Verordnungen § 9. erhellet.
Obschon wegen der Kleiderery a[nn]o 1793 eine zweckmäsige Verordnung ergangen, so ist doch solche nur einmal, seitdem aber niemals wieder befolgt worden. Zur geschwinden Übersicht lege ich dieselbe abschrifftl[ich] sub C. hier an. Einen vollständigen Kleiderzettel habe ich daher aufstellen laßen, den ich ebenwohl copeylich sub D. hier anfüge.
Seit meiner Anwesenheit allhier, da ich alle Speisen der Honoratioren und Gemeinen täglich zweymal versuchte, bin ich damit zufrieden. Leztere aber müßten noch beßer seyn, wann nicht voriges Jahr in den theuersten Zeiten drey große Tonnen mit Butter, wie ich in der Provis[ions]- Kammer mit eigenen Augen gesehen, in sehr hohen Preißen angeschafft worden wären, die ranzig und stinkend geworden, schon zweymal desfalls ausgelaßen werden mußte und dennoch verhindert, daß die darvon geschmalzte Gerichte nicht recht schmackhafft seyn können. Den Abgang und grosen Schaden, den das Institut durchs Auslaßen leiden muß, kann man sich sehr leicht denken. Geschahe dieses nun in diser einzigen Sache auf eine so verkehrte Weise, wie mags in andern ergangen seyn! und ists nun wohl zu verwundern, daß voriges Jahr die Ausgabe mit 5.468 G. überschritten worden?
Nicht wenig mußte ich mich wundern als ich vernahm, daß die Honoratioren nicht an einem Tisch zusammen beym Kattmann speißten, sondern daß solche vielmehr Ordnungs- und Zweckwidrig in die Logementer, wo sie wohnen, die Speisen geschickt bekommen. Nach der Anlage E. habe ich des G[egen]-Sch[reiber] Kattmanns Erklärung und Gründe, warum es bisher so und nicht anders gegangen, eingefordert. Aus seiner Antwort F. und Beylage G. ist das weitere hierüber zu ersehen. Zu Haina dürfen nur diejenigen den Honoratioren-Tisch erhalten, welche von Extraction nicht allein sind, sondern auch mit Anstand bey Tisch erscheinen und sich sittlich betragen können. Es müßen also auch hier nur solche Personen diese Kost geniesen, welche dem Admodiateur nicht zur wahren Last fallen und das Leben verbittern. Sonst hat dieser Mann das sauerste Brod, das nur seyn kan. Für mich mochte ich keine Aenderung darinn treffen, ob dies gleich unter die wahren Gebrechen, die ich abzustellen beauftragt bin, gehört. Würde ich hierin meiner Überzeugung genau folgen, so müßte ich, welches doch vielleicht nicht genehmigt werden dürffte, die Honoratiorenkost, die so zweckwidrig und höcht kostenspielig ist, gänzlich abschaffen. Für jede Portion bekomt der Traiteur bekantlich 12 xr, dies macht jährlich gerade 73 G.
Da nun aber das Institut das Fleisch per pf. à 5. xr dazu liefert, indeß es doch jezt 13. xr fürs pf. bezahlen muß, da es dem Mann ferner noch alle andere Artikel, als Butter, gescheelte Gerste, Hafermehl, Linsen, Erbsen und Salz p.p. im Planspreiße 5giebt, während es 3 auch 4 Mal mehr dafür bezalt, so machen diese Provisionen nach einer genaueren Rechnung für jede Person jährlich noch

64 G.


folglich kostet jede Person, die diese Kost genießt, das Institut jährlich

137 G.


Wie viel zahlreiche und warlich nicht unansehnliche Familien haben nicht so viel als eine solche Person blos für die trockene Mahlzeit kostet? Was machen nun noch erst Brod, Bier und Wein, wie auch Kleider aller Art, Holz und Logis aus? Zu diesem allen komt nun noch, daß Kattmann blos der Honoratiorenkost wegen Gegenschreiber geworden, deßen Stelle, wofür er jährl[ich] an Geld und Früchten nebst einer Portion Kost 107 G. 7 Alb. 2 H. bekomt, durchaus unnöthig ist, maßen sie der Hausschreiber gegen eine billige Remuneration sehr leicht versehen könte. Mir sey genug, diese Betrachtung hier nieder geschrieben zu haben. Das Weitere überlaße ich der fernen einsichtsvollen Erweg- und Verfügung F[ürstlicher] S[amt] C[ommission] und fahre in meiner Erzählung fort.
Der heimliche Brod-Verkauff geht hier noch sehr im Schwang. Man gab voriges Jahr 5 xr statt der Verord[nung] nach 4 xr für jeden erkaufften Laib Brod. Indeß doch der große Vorrath an Früchten, die zu entbehren waren, verkaufft werden konten, wie sie in höchsten Preißen stunden, aber leider durch unverzeihliche Nachläßigkeit des verstorbenen Hospitalmeisters liegen blieben. So daß sie nun während meiner Anwesenheit alhier um die Hälffte geringer versilbert werden mußten. Schöner Profit, das erkauffte Brod theurer zu bezahlen, während man doch gar kein Geld für Früchte lösete! Wem dies nicht wider – oder wohl gar unsinnig scheinen solte, dörffte wohl alzu moderat denken, indem der grose Fehler leider allzudeutlich in die Augen leuchtet. Wie ichs abbestellt habe, beweißt § in den Verordnungen Lit: B.
Wie unverzeihlich allhier seit einer langen Reihe von Jahren mit dem Brennholz umgegangen worden seye, wird F[ürstliche] S[amt] C[ommission] aus beyliegender Berechnung sub H. bemercken, zufolge welcher ein Recess von 2.513 G. erscheint. Wer solte sich nun nicht kreuzigen und seegnen, wann man einen solchen beträchtlichen Verlust, der das arme Institut betrifft, beobachtet? Wer solte da nicht gefühlvoll beklagen, daß man hier und da, sich bey seinen Vorgesezten zu insinuiren, sparsam zu seyn sich die Miene gab, indeß doch so große Summen durch unverzeihliche Nachläßigkeit von mehrern Personen und durch unzeitige Nachsicht verschwendet wurden, die unendlich beßer für die preßhaffte Mitgeschöpfe verwendet werden konten? Wäre bey jeder Abliefferung des Brennholzes gehörig aufgepaßt und daßelbe nachgemeßen worden, wie es jezt geschiehet, hätte Katz vor langen Zeiten zweckdienliche Anträge bey der Behörde gethan, so würde gewiß eine Verordnung das Holz wohl zu verschließen, ergangen seyn und daß dies jezt unverzügl[ich] geschehn müße, will ich gehorsamst bitten. Des K[üchen-]Schr[eiber] Musculus Justification, die ich als Contr[olleur] von ihm verlangte und die sub J. hier beygefügt ist, weil ich auch nicht ohne Grund Nachläßigkeit von seiner Seite gewahr zu werden glaubte, scheint mir nicht mit Bestand abgefaßt zu seyn, denn alles, was er vorbringt, hält nicht Stich. Und kann daher nicht alles, so wie es dasteht, angenommen werden. Auf welche Weise hierin noch weiter verfahren werden soll, überlaße ich der Verfügung F[ürstlicher] S[amt] C[ommission]. Ich für mein Theil habe nur durch eine ertheilte, nach meinem Ermeßen sachdienliche Verordnung und noch weiter dadurch remediren können, daß ich den bisherigen Holzaufsichter Stauch, der viele Jahre allhier als Hospitalit jährl[ich] 20 G. für Kleider nebst der Kost hatte, dieses Geschäfft dafür aber höchst elend besorgte, absezte, und an deßen Stelle sub spe rati den Hospitalit Sock bestimmte, für ihn eine eigene Instruction aufsezte, und wie ich schon oben ewähnte, darauf verpflichtete.
Bey weiterer Untersuchung hiesiger Mängel erfuhr ich auch, daß hier noch der Mißbrauch mit Schröpfen und Aderlaßen, wie zu Merxhausen, allwo es dieses Jahr abbestellt worden, herrsche. Aus § 7. der Verordnung wird F[ürstliche] S[amt] C[ommission] ersehen, auf welche Weise ich darin verfahren habe, und wornach also dem Institut einige Erspahrungen zuwachsen. Wozu noch komt, daß die Mannsleute forthin alle acht statt vorher nur alle 14 tage rasirt werden, folglich nicht mehr wie wilde Menschen aussehen. In der Beylage K. bittet der jezige Hospital-Chirurgus Seederen, der nun schon seit 2 Jahren als solcher angestellt ist, nur um fourage für ein Pferd, maßen er seitdem an Besoldung nichts bekommen, weil der Baader fürs rasiren deßen Gehalt, nach Uebereinkufft mit dem verstorbenen Chir[urgen] Hecker, bezogen hat. Da nun lezterer 2 Mltr. Korn, 2 Mltr Gerste und ein Ohm Bier jährl[ich] bekam, meine Verfügung mit dem Baader aber zufolge das Hospital von jezt an dieses zurückbehält, so trage ich gehorsamst darauf an: daß man dem Supplicant 2 Mltr. Korn und 2 Mltr Hafer, statt Gerste, welche theurer ist, jährl[ich] verabreiche, weil man ihm kein Heu lieffern laßen kann, womit er sich, wie ich hoffe, begnügen wird.
Bey meiner Untersuchung der Fruchtboden fandt ich die Früchte aller Gattungen höchst staubig und sehr unrein. Küchenschr[eiber] Musculus und G[egen-]Sch[reiber] Kattmann zugegen erwiederten mir auf Befragen: „ob nicht gefegt würde?“ daß solches nie geschehen seye. Sie hätten gewöhnlich zur Probe bey der Frucht-Einnahme allemahl Früchte jeder Gattung zur Untersuchung an den H[ospital]-M[eister] Katz geschickt, und dabey fragen laßen: Ob es angenommen oder gefegt werden solle? Und jedesmal wäre die Antwort erfolgt, daß lezteres nicht nöthig seye. Wie fern dies Vorgeben wahr oder nicht seye, steht nicht zu untersuchen, aber auch diesen Mißbrauch habe ich unverweilt abbestellt. Den Malzboden habe ich in solchen elenden und zerbrochenen Umständen befunden, daß das Institut sehr viel Schaden gelitten und noch durchs Durchfallen in die grosen Löcher und weite Riezen, leidet, was falls er aufs schleunigste gemacht werden muß. Wie es möglich seye, daß Menschen, denen diese Haushalts-Branche anvertraut ist, so sorgenlos und gleichgültig bis jezt dabey bleiben konten, ist mir in der That unbegreifflich.
Was ich wegen der Extra-Verpflegung derer, welche die Honoratioren-Kost erhalten, auf Veranlaßung der zudringlichen Forderung Kattmanns, worüber ich unterm 28.t d[es] M[onats] einen Bericht F[ürstlicher] S[amt] C[ommission] zuschickte, so wie über den Brod-Ankauff von den Pfründnern und deßen Bezahlung, sodann in Betreff der Kleider-Ausgabe, wegen der Woll- und Hanff-Spinnerey und endlich wegen Auslehnung der Capitalien zu verordnen rathsam fandt, wird F[ürstlicher] S[amt] C[ommission], wie ich mir schmeichle, ebenwohl mit ihrem Beyfall zu bekräfftigen belieben.
Schon in der Plans-Verordnung von 1777, welches alles a[nn]o 1793 bey Anwesenheit F[ürstlicher] S[amt] C[ommission] alhier wiederhohlt würde, ist der hiesigen Dienerschafft erlaubt worden, ihr Brod im Hospital-Offen mit dem Brod für die Hospitaliten zugleich backen laßen zu dörffen. Da nun in der Plans-Verordnung von 1793 der Ausdruck steht, wie die abschrifftl[iche] Beylage L zeigt: „Wann man nun die Consumtion des Hospitalmeisters und seiner künfftig weit grösern Haushaltung p.p.“ so war diß nothwendig so zu verstehen, daß er für sein Gesinde auch mehr backen laßen müße. Dies war nun für ihn als Pfachter eine sehr erhebliche Unterstüzung. Wenn es nur aber auch Vorschrifftmäsig und ohne übermäsigen Aufwand des Holzes geschehn wäre, welches aber zuverläßig nicht der Fall gewesen seyn mag, indem es mit dem jezigen Pfachter, der sich, weil sich hier nur ein Backoffen befindet, jener Vergünstigung von Anfang seiner Pfacht-Antrettung an bis hierher ebenwohl bediente, eben so, nach Anzeige des Bäckers hergeht, daß ihm der Backoffen von den Hospitals-Wellen a part geheitzt werden muß. Auf solche Art kan man wohl reich werden, wenn man immer viel einnimmt, aus seinem Beutel aber wenig wieder ausgiebt. Dem neuen Pfachter ist indeß wegen dem grosen Mißgeschick, das ihn durch die Viehseuche betroffen, dieses utile wohl zu gönnen. Doch denke ich dem Uebel dadurch gesteuert zu haben, daß ihm der Offen nie wieder à part geheizt werden soll. Mit Erbauung eines separaten Backoffens aber für denselben will ichs doch, nach beßrer Ueberlegung, noch anstehn laßen, bis ich von F[ürstlicher] S[amt] C[ommission] weitere Resolution erhalten haben werde.
Alles, was ich wegen den Feuer-Anstalten vorkehrte, dörffte wohl von F[ürstlicher] S[amt] C[ommission] als höchstnöthig befunden werden, vorzüglich aber, daß auch einige Handspeichen angeschafft werden müßen.
Das hiesige Lehnwesen ist ebenwohl nicht in gehöriger Ordnung. Das Ab- und Zuschreiben ist nicht gewahrt worden, und aus dem Lehns-Protocoll sind gar einige Bogen gerißen, so daß deßen Fortsezung ganz fehlt. Für mehrere Lehnleute sind die Weinkauffs-Gelder und andere Lehnsgebühren noch nicht von den Beständern entrichtet, indeß sie doch Katz, was dem Hospital gehörte, bereits in Einnahm berechnet hat. Was aber aus beyden als pars salarii zukam, musten wir bisher beyde mißen. Von Verschiedenen hat er sogar seit 15 Jahren her die Pfachtbrieffe nicht ausgefertiget, wie solches hauptsächlich mit acht Lehnleuten zu Biebesheim ergangen, deren Güter-Eintheilung unter dieselbe er nicht, wie es seyn solte, bewürckte. [Eigenhändiger Zusatz von Stamford: denn laut einem vorhandenen, von H[ospital]-M[eister] Katz unterschriebenen Protocoll vom 15.ten [Oktobris] 1782, Art: 7, sollte solches nach dem Morgenmaaß und der Befurchung geschehn.] Dem Hofrath Reuhs habe ich über alles dieses den nöthigen Auftrag gegeben, und ich hoffe und schmeichle mir, daß er in kurzem alles wieder in die Reihe bringen werde. Seit meiner Anwesenheit allhier sind mehrere Lehnleute, die schon voriges Jahr Lehnbrieffe hätten haben müßen, belehnt worden. Durch diese Verzögerung indeß ist dem Institut einiger Nuzen zugewachßen, indem wir verschiedene ansehnliche Aufsätze an Geld und Früchten von den Beständern erhalten haben. Ueber einem Lehnsfall aber habe ich unterm 30. d[es] M[onats] mit F[ürstlicher] S[amt] C[ommission] communicirt, worüber ich nun S[amt] Resolution erwarte.
Nachdem ich nun auf diese Art bemüht gewesen, daß ich das in Erfüllung bringen möge, was F[ürstlicher] S[amt] C[ommission] durch meine Sendung hieher bezweckte, bleibt mir nun nichts weiter übrig, als dieselbe gehorsamst zu bitten, daß nach obgedachter Beylage A. die allernothwendigste Reparaturen, wovon schon vor mehrern Jahren einige derselben zwar decretirt, jedoch nicht gemacht worden, noch dieses Jahr vorgenommen werden mögen, ganz vorzüglich aber im Schwestern-Gebäude und in der Beamten-Wohnung, wovon das Dach an manchen Orten so schadhafft ist, daß es in der obern Etage in die besten Stuben regnet, wie dies der Fall bey meiner Ankunfft mit denen gewesen, worin ich jezo logire. Daß mir dies aufgetragene Geschäfft viele Mühe und Arbeit kostete, auch Zeit wegnehmen muste, da ich alles und jedes selbst zu schreiben oder zu concipiren hatte, ist sehr leicht zu begreiffen. Gern, hertzlich gern will ich aber alles getahn haben, wann ich nur meine Arbeit mit Beyfall gekrönt sehen werde.
In der Folge dürfte die Erbauung eines Pfachterhauses 21 unumgänglich nöthig seyn. Aus dieser Ursache hatte ich darüber mit dem geschickten und erfahrnen Zimmermeister Lautenschläger zu Darmstadt (den ich darum hierhier verschreiben laßen, weil der Baumeister Schuhknecht, eben daselbst, dem Hof[rat] Reuß geantwortet hatte, daß er wenigstens in 14 Tagen nicht herkommen könne, ich aber unmöglich so lange darauf warten konnte), vorläuffig gesprochen, der dann ein Gebäude von 2 Stockwerk hoch, mit gewölbtem Keller, und die unterste Etage von Stein, sehr hoch ansezte. Nachdem ich ihm aber meine Idée bey einer ferneren Unterredung mit ihm zu erkennen gegeben hatte, machte er einen Riß von einer Etage, der den Ueberschlägen beygefügt ist. Der Pfachter würde in dieser Wohnung Platz genug haben. Jezt bewohnt er im neuesten Hospitals-Bau vier Stuben und hat zwey Kammern nebst Küche dabey. Hieraus ist denn leicht zu schliesen, daß darüber viel Raum für Pfründner entzogen seye, daß es folglich bey dieser Einrichtung nicht lang bleiben könne. Auch hierüber will ich von F[ürstlicher] S[amt] C[ommission] fernere Aufträge erwarten.
Sämtliche Acten zur Verpfachtung des hiesigen Vorwercks gehörig haben sich endlich zerstreut gefunden, so daß ich also im Stand gewesen bin, einen Contract nach der vorhandenen Punctation aufstellen zu laßen und dem Pfachter nach vorgängiger Vorlesung deßelben ein Exemplar davon mitzutheilen.
Daß der um das Hospital lauffende Graben durch sein stehendes stünkendes Waßer Kranckheiten durch seine faule Ausdünstung verursache, ist gewiß. Auch ists wahr, daß die Ausschöpffung deßelben nur zur Hälfte 132 fl., wie ich aus den Rechnungs-Büchern gesehen, gekostet habe. Dennoch kan ich aber mit dem Hoff[rat] Reuß nicht einstimmen, daß er ganz eingehen könne, indem es, wie ich mich bey mehreren Personen, die schon lange Jahre hier sind, erkundiget habe, wegen Nähe des Rheins bey erfolgenden Ueberschwemmungen gefährlich seyn würde, wenn man jenes thun wolte. Die Schwarzbach aber, soweit es das Hospital thun muß, müßte wieder gehörig ausgegraben, und demnächst der Abzug des Grabens um daßelbe völlig wiederhergestellt und aufs sorgsamste beständig im Zug erhalten werden. Die Umgebung des Hospitals mit Palisaden würde alzu kostenspielig und solche in 10 bis 12 Jahren gröstentheils von neuem wieder zu sezen seyn. Viel beßer und sichrer ist also die Ausgrabung, wovon oben, alsdann fallen die grose Kosten der Ausschöpfung ganz weg.
Ich habe schließlich die Ehre mich mit wahrer Ergebenheit zu nennen.
[Der Rest in Stamfords eigener Hand]
Wegen dem Küchengärtgen, wovon im P[ro]M[emoria] habe ich der Köchin bereits zu Ausstellung desselben forthin den nöthigen Befehl schon ertheilt, sobald mir vom Hofrath Reuß die Anzeige davon geschah.
Was Hof[rat ] Reuß im P[ro]M[emoria] wegen Nebenschuß des verzapften Weins sagt, so veranlaßte mich diese Aeußerung daß ich zuerst ein Schreiben No. 1 über diesen Gegenstand an den G[egen]-Sch[reiber] Kattmann, jedoch durch Mißverstand von meiner Seite, erließ. Nachdem er mir nun, wie aus No. 2 zu ersehen, Bericht abgestattet hatte, fandt ich für rathsam, zuerst den Kuefer darüber zu sprechen, der mir aber keine genuchthuende Auskunft darüber zu geben vermochte. Es blieb mir daher nichts übrig, als den Hof[rat] Reuß zu beauftragen, ein Gefaß mit Wasser füllen und solches demnächst mit den Mästern ausmessen zu laßen. Was nun das Resultat davon gewesen seye, ergiebt sich aus dem Bericht desselben No. 3. Hierauf fandt ich nöthig auch noch den K[üchen]-Sch[reiber] Musc[ulus] darüber zu hören, und schrieb ihme desfalls No. 4, daß seine Antwort No. 5 nun nicht befriedigend seye, wird F[ürstlicher] S[amt] C[ommission] selbst bemercken. Denn gesetzt es herrschte nie einiger Unterschleif dabey, so ists doch schon hart genug fürs Institut, daß es durch Nachläßigkeit seit einem so langen Zeitraum an jeder Ohm 10 Maaß Wein unnöthiger Weise missen laßen und also so viel verlieren muste. Hier hat man leider bisher nur das Sprichwort nach dem Buchstaben ausgeübt: Mit vielem kommt man aus. Den Nachsatz aber hat man aus der acht gelaßen: daß man mit weniger auch auskomme. Als die Zahl der Pfründner und der Preiß des Weins noch gering war, war auch der Verlust nicht sehr erheblich. Jezt aber, da der Numerus derselben und der Preiß des Weins aufs Höchste gestiegen, ist der Schaden allzu beträchtlich, als daß es dabey bleiben könnte. Ich ließ daher abermahls ein mit Wasser gefülltes Ohmfaß in Beyseyn meiner, des Hof[rats] Reuß, des K[üchen]-Schr[eibers] Musc[ulus] und G[egen]-Sch[reibers] Kattmann, dem das Geschäfte des Verteilens und Ausmessens aufgetragen ist, ausmessen, um uns alle nochmals zu überzeugen. Und siehe, es kamen noch etwas mehr als 91 M: wie gestern heraus. Nach dieser vollen und gänzl[ichen] Ueberzeugung ertheilte ich also die Verordn[ung], daß die Ohm Wein künftighin gerade zu 90 M: ausgemessen und verrechnet werden solle. Man bedencke welchen ungeheuren Verlust das Hospital in so vielen Jahren durch diese Wein-Verzapfung gelitten verloren. Es braucht jährl[ich] zur Consumtion 18 bis 19 Ohmen. Rechne ich nun an jeder 10 M. Verlust, so thats jährl[ich] 180 bis 190 M., also mehr als zwey Ohmen. Jezt wird um eine solchen 70 G. ohne die Fracht bezahlt, welch unleidlicher Aufwand daher!!!
Ich verharre
Hofheim d. 5.t[en] Aug[ust] 1797“
nicht unterschrieben.

Es folgt ein Heft mit 10 Blättern, das ausführliche Reformanweisungen gibt. Selbes Datum.
Angehängt ist außerdem eine Liste aller Hospitaliten mit Angaben zu ihrer Kleidung, die sie vom Hospital erhalten haben und die sie selbst angeschafft haben.
Die im Bericht erwähnten Briefe, die als Anlagen erwähnt sind, sind hier nicht erhalten.
Druckansicht