Anlage zum Schuldentilgungsplan für das Hospital Haina, der die Frondienste der Untertanen des Klosters regeln soll
„OECONONIE und Schulden Tilgungs Plan vom Hohen Sammt Hoßpital Haina“
„Pro Memoria
das hiesige Dienstweeßen betr.
Das hiesige Dienstweßen befindet sich in der grösten Unordnung und gehen hierbei viele Unterschleife und Mißbräuche in Ansehung derer Dienstgebühren und derer Diensten selbsten vor. Ein großer Vortheil könte hierunter dem Hospital zuwachßen, wenn die Dienste überhaupt limitiret und denen Mißbräuchen und Unterschleiffen
quovis modo abhelfliche Maße verschaft würden.
Zu diesem Ende will ich folgende ohnzielsezliche Vorschläge thun, diesem vorgängig aber die Anordnung derer Dienste, deren Bestellung und was für Dienstgebühren, nach Qualitaet derer Frohnden, entrichtet werden müßen, anmercken.
1.) Wenn der Hospitalsbecker, Pottaschensieder, Köche und die Aufwärter Holz benöthiget sind, desgleichen wenn die Zimmerleute, Maurer etc. Baumaterialien angefahren haben wollen, so heißen dieße den Landknecht zu Bestellung derer Dienstfuhren, ingleichen, wenn Handdienste geleistet werden sollen, so wird, wenn es z[um] E[xempel] Feldarbeiten concerniret, von dem Hoffmann, oder wenn es Bausachen betrift, von denen Handwercksleuten die Ordre an den Landknecht gestellet. Diejenige Dienstleute nun, welche das Brenn-, Küchen-, Back-, und zur Pottaschensiederei erforderliche Holz anfahren, bekommen von dem Landknecht und zwar ein jeder Wagen eine aus Bley gemachte und mit
Jll signirte Marque, wogegen demselben aus der Gegenschreiberei eine Ecke oder 5/8 Pfund Brod, aber kein Käße gereicht wird, inmaßen dieser anders nicht als gegen eine von dem Gerichtsschreiber ertheilte schriftliche Anweisung verabfolget und gegeben wird. Jedoch ist hierbei noch anzuführen, daß die Holzfuhren zum Brenn vor die armen Logimenter Köchen-, Back- und Pottaschenhauß bestimt sind, unerwogen das Gericht Loehlbach (welches ebenbesagtes Holz ohne Concurrenz des Gerichts Battenhaußen anfahren muß) aus 24 gantzen Höffen bestehet, wovon es einem jeden im Winter wochentlich 3 Fuhren, im Sommer aber alternative 1 und resp[ektiv]e 2 Fuhren erträgt, welche denn auch mehrentheils ohne Bestellung, diese Fuhren verrichten.
2.) Von Steine-, Kalck-, Sand-, Ziegell- und Bauholzfuhren bekomt ein jeder Wagen 1/2 Laib Brod und 1/4 Pfund Käße, welches der Gerichtschreiber an den Küchenmeister und Gegenschreiber assigniren muß.
Vom Grasmähen und Fruchtschneiden wird denen Fröhnern und zwar einem jeden täglich 1 Laib Brod, 2 Hand Käße, 1/4 Pf. Speck und eine Portion zu Eßen aus der Küche (jedoch kein Fleisch) verhandreichet, über das auch noch Geld und zwar einer Mannsperson 1 1/2 C[asselische] Alb, einer Weibsperson aber 1 C[asselische] Alb 4 Hlr. alltäglich aus hiesiger Rentherey gezahlt.
3.) Denen Haffermaedern wird eben das jenige gegeben, was die ad 2. bemeldeten Dienstleute bekommen, außer daß sie mehrers Geld und zwar 3. C[asselische] Alb erhalten.
4.) Diejenige Dienstleute, welche das Heu- und Grummet machen, erhalten ebenwohl ihre Speiße aus der Hospitalsküche und über das bekomt ein jeder noch 3 Ecken Brod und 1 Handkäße.
5.) Das Amt Schoenstein, nemlich die 4 Dorffschaften Maischaidt, Lichtschaid, Winterschaid und Haimbach müßen jährl[ich] 1 Tag zum Fruchtschneiden anhero frohnen. Diesen muß aber besonders gekocht werden, indeme sie entweder einen Gersten-, Hirßen-, oder Reißbrei empfangen.
Über das bekomt noch ein jeder 1 Laib Brod, 1/4 Pf. Speck, 2 Käße und 2 Schoppen Bier.
Das Amt Rosenthal muß ebenwohl jährlich zum Fruchtschneiden 1 Tag anhero frohnen, diese werden aber in Ansehung derer Dienstgebühren des hiesigen Amts Dienstpflichtigen gleich gehalten.
6.) Von dem Schaffwaschen, welches die hiesige Landsiedler mit Zuziehung derer Aufwärter und 4-6 Hospitaliten verrichten müßen, bekomt ein jeder eine Ecke Brod, 1/4 Pf. Speck und ein Schoppen Bier.
7.) Das Schaafscheeren oder Wolle abnehmen wird ungebührlicher Weiße von dem gantzen Gericht Löhlbach und demnach von 70-80 Personen verrichtet.
Hiervor wird einem jeden das Eßen aus der Hospitals-Küche 1 Laib Brod, 2 Handkäße, 1/4 Pf. Speck und 1 Maas Bier, und wenn diser Dienst des Montags oder Sonnabends verrichtet wird, überdas noch einem jeden ein Schoppen sogenanntes Riebellbihr gereichet.
8.) Wann nun dergleichen Dienste, wovon denen Dienstleuthen auch warme Speiße gereicht werden müßen, geleistet werden sollen, so bestimt der Hofmann denen Hospitalsköchen Abends vorher die Anzahl derer Persohnen und hiernach treffen diese ihre Einrichtung, in Ansehung derer übrigen Dienstgebühren an Brodt, Käße, Speck und Bier, schreibt der Gerichtsschreiber sogenannte Dienstzettul, wogegen denen Dienstleuten solche von dem resp[ektiv]e Küchenmeister und Gegenschreiber verabfolget wird.
9.) Gleichwie nun
ex antecedentibus erscheinet, daß von vielen Diensten eine so starke Dienstgebühr entrichtet wird, wogegen man Taglöhner halten könte, so wäre in diesem Betracht vorzüglich die Anzahl derer Dienstleute zu limitiren und also z[um] E[xempel] bei dem Wolle abnehmen nicht das ganze Gericht Löhlbach, sondern hieraus höchsten 30-40 Mann, welche gar füglich von des Morgens 4 Uhr bis Nachmittags 1 Uhr 400 St[ück] Schaafe abscheeren können, zu diesem Dienste zu nehmen, wie ein solches auch beim Fruchtschneiden und Mähen zu Erspahrung derer so importanten Dienstgebühren einzurichten und resp[ektiv]e abzuändern wäre.
10.) Ist auch beim hiesigen Hospital der übele und in Zukunft gar nicht mehr nachzusehende Gebrauch eingerißen, daß die Dienstpflichtige insonderheit beim Grasmähen, sich nicht ehender als Morgens gegen 8 Uhr auf denen Wiesen einfinden, wordurch dem Hospital natürlicher Weiße ein großes Nachtheil um des Willen zuwächst, weilen das Graß durch die Sonnenhitze um diese Tages Zeit bereits ganz schlaf und gleichsam verwelket ist und als denn nicht abzuhauen stehet. Um nun diesem verderblichen Unwesen abhelfliche Maße zu verschafen, so werde ich unter verhoffentlicher Ratification meiner fürgesezten dahin die schärfste Befehle resp[ektive] ergehen und nöthigenfalls exequiren laßen, daß die Dienstpflichte Morgens 3 Uhr mit dem Mähen den Anfang machen und mit ihrem angewiesenem Stück höchstens um 10 Uhr Vormittags fertig seyn müßen. So wie ich auch hierunter die
remedur treffen werde, daß zu denen Maedern in Zukunft keine Weibs- sondern tüchtige Mannspersohnen genommen werden sollen.
11.) Damit es auch mit denen Diensten richtig hergehe und ratione derer Dienstgebühren denen Unterschleiffen, so viel möglich fürgebeuget werde, so ist vor allen Dingen eine Dienstrolle aus beiden Gerichten, mit Benennung derer Dienstpflichtigen aufzustellen, gleichwie dergleichen der dermahlige Hoffmann, wegen derer Erndedienste, in Händen hat.
Ein jeder Hospitalsdiener, welcher zu seinem Departément (wenn ich so reden darf) Dienste nöthig hat, muß gleich dem Amtsvogt eine dergleichen Rolle in Händen haben.
Werden nun Dienste erfordert, so wäre, wenn es Baumaterialien concerniret, von einem Bauschreiber, und wenn solche Erndtedienste betreffen, von einem Küchenmeister, als Feld-, Bau- und Wießen-Aufsichter die erforderliche Anzahl derer resp[ektive] Fuhren und Persohnen einem zeitigen Amtsvogt nahmentlich zu bestimmen, von diesem hierauf ein Befehl an die ihm benahmten Dienstpflichtigen durch den Landknecht zu erlaßen. Und wenn hierauf der verordnete Dienst gehörig geleistet worden, ein solches von dem resp[ektive] Bauschreiber und Feld-, Bauaufsichter oder zum geringsten von dem Landknecht oder Hoffmann unter des Amtsvogts Befehl zu bescheinigen und sodann erst vom Gerichtsschreiber die Dienstzettul zur Empfängnüß derer Dienstgebühren auszufertigen.
12. Dieses wäre auch bei der Fischbacher Eisenhütte zu realisiren, weilen nach dermahliger Verfaßung der dasige Hüttenvogt die Dienste verschreibt, der Schultheiß zu Battenhaußen solche bestellt und ersterer die Dienstgebühren anweißet. Diese Einrichtung aber wäre meines ohnzielgebigen Dafürhaltens solchergestalt abzuändern und zu reguliren, daß nemlich ein zeitiger Hüttenschreiber ebenwohl nach einer aufzustellenden Rolle die Dienstpflichtige nahmentl[ich] verschreiben, durch den Schultheiß zu Battenhaußen bestellen und von dem Hüttenvogt die würckliche Dienstleistung bescheinigen laßen müße, auf welche Bescheinigung sodann der Hüttenschreiber die Dienstgebühren, gleich dem hiesigen Gerichtsschreiber anzuweißen hätte.
Übrigens ist auch von dem Schultheißen zu Battenhaußen Landknecht und Hoffmann darauf die vorzügliche Obacht und Rücksicht zu nehmen, daß die Dienste gehörig verrichtet und v. g.[??] nicht so wenig, wie anietzo zu geschehen pfleget, aufgeladen werde. Weniger nicht, da die Frohnden zu einer denen Dienstpflichtigen schicklichen Zeit, so viel nur immer thunlich, praestiret werden, damit diese nicht in ihrem Gewerbe, zu des Hospitals Nachtheil, beeinträchtiget werden.
J. C. Kuchenbecker.“