Instruktion für den neuen Vogt Johann Balthasar Günst in Haina
Kopie der von den Landgrafen Ernst Ludwig und Karl unterschrieben Interimsinstruktion, also einer vorläufigen Instruktion.

„Es soll Ihro Ihro Hochfürstl[iche] Hochfürstl[iche] Durchl[auch]t Durchl[auch]t und besagtem Hohen Sambthospital gemelter Sambt-Ambtsvogdt vor allen Dingen treu, hold und gewärtig sein, Deroselben bestes allzeit möglichst prüffen, Schaden treulich warnen, selbsten keinen zufügen, noch durch die Seinigen oder andere wissentlich geschehen lassen, dem fürstl[ichen] Heß[ischen] Sambt-Obervorsteher, den Hohen Sambt-Hospitalien in Heßen, allen gebührenden Respect geben und Parition leisten, solchen seinen Ambtsvogtsdienst nach seinem besten Verstandt und mit allem Fleiß treulich verwalten, in Sonderheit aber nachfolgende Puncten wohl beobachten, und zwahr:
Erstl[ich]: Nachdem ein zeitiger Ambtsvogt im Hohen Hospital Haina, nach dem Obervorsteher, die Inspection und den Oberbefehl über alle arme Hoßpithalspersohnen, Hauß und andere Diener, die Schultheyßen und andere dergleichen Bedienten, sie haben Nahmen wie sie wollen, auch die Meyerey, das Gesinde, benebst des Hospitals Hintersaßen gehabt, also wirdt besagtem H[er]rn Ambtsvogt die Inspection, Uffsicht und der Oberbefehl nach dem Obervorsteher über dieselbe sambt undt sonders gleichfalß auffgetragen und übergeben. Doch dergestalt und also, dass er dieselbe sambt und sonders mit Bescheidenheit und Vernunft wohl regire, zur Gottesfurcht, aller Ehrbarkeit, Respect und Gehorßamb gegen die hohe landesfürstl[iche] Obrigkeit, den Obervorsteher und Beambten, auch dass dieselbe sich der hiebevor auffgerichteten und publicirten Hospitalordtnungen weniger nicht als denen Neuen gemäß verhalten, mit allem Fleiß und Ernst anweisen.
3) Über Policey, guthe Gebräuche, Ordtnung, Recht und Gerechtigkeit mit allem Ernste halte. Das Recht, dem Armen wie dem Reichen, und Reichen wie dem Armen, ohne allen Nebenrespect angedeyen und sich darvon durch keinerley Geschencke, Gifft oder Gaben, noch sonsten etwas, es geschehe auch unter was für Praetext und von wem es wolle, abhalten lassen.
Undt nachdem Zweitens vornehmlich daran gelegen, dass denen armen Hospitaliten so wohl alß einem jeden die Nothdurfft und was ihm verordtnet, zu rechter Zeit und richtig gereicht werde, alß soll der H[err] Ambtsvogdt, wann er einheimisch ist, vor allen Dingen nicht allein die Armen, Krancken und Presthaffte in ihren Stuben und Cammern, sondern auch die elende vernunfft- und sinnlose Menschen in ihren Behältnußen und wo dieselben verwahrt liegen täglich visitiren, wie sie und ob auch die Logimenter treulich gehalten werden, selbst zusehen, ihre Mängel anhören, und mit Vorbewußt des Obervorstehers, auch nach Gelegenheit vor sich selbst dieselbe verbessern, sondern auch in Küche und Keller, Back-, Brau- und Schlachthauß, Meyerey, Schäfferey und Scheuren, auch wo es sonsten von Nöthen, ein fleißig Aufsehen haben, daß denen armen Hospithalspersohnen, sonderlich denen armen Sinnloßen, toll und rasenden eingespärt und angeschloßenen Menschen güthlich gethan, und ihnen dasjenige, so ihnen verordnet ist, weniger nicht als auch den Dienstleuthen und dem Gesinde, treulich und zu rechter Zeit gehandreichet und davon nichts entzogen werde. Darneben aber auch ein jeder sein Ambt und Schuldigkeit, insonderheit der Köche und Kellermeister, die Köche, Becker und Brauer benebst denen Schustern und Schneidern und andern Handtwercksleuthen, sodann Frohn- und Dienstleuthen, wann deren im Hospital gebraucht werden, demselben zum Nutz und Besten treu und fleißig verrichten. Des Küchen- und Kellermeisters Wochenrechnungen soll er benebst dem zeitigen Pfarrer wöchentlich mit besonderem Fleiß durchgehen. Wo sich Mängel finden, dieselbe ändern, und ohne des Obervorstehers Vorbewußt und austrücklichen Befehl, der Gewohnheit und Verordtnung zuwieder, in selbigem nichts passiren lassen. Auff des Hospitals Berghütten und Hammerwerck soll der H[err] Ambtsvogdt gleichfalß als Controlleur fleißig zusehen und Achtung geben, dass sowohl mitt desselben Eyßenstein und Kohlen, alß rohen, geschmitt- und gegossenen Eißen und sonsten in allem treulich umbgegangen, die Abwoge zu rechter Zeit und richtig gehalten und dabey des Hospitals Nachtheil und Schaden, soviel immer möglich, verhüthet werde. Gleichfalß und in Sonderheit soll der H[err] Ambtsvogdt uff des Hospitals Grentzen, Waldungen, Gehöltze, Teiche, Forrellen und andere Bäche genaue Achtung haben und wohl zusehen, daß demselben daran nichts entzogen, sondern dieselbe in kundtlichen Mählern, Uffwürffen, Anwanden, Rainen und Steinen erhalten, auch das Gehöltze, so viel möglich, wohl geheget und nichts darin verwüstet, noch etwas schädliches und zu unrechter Zeit darin gehauen oder ohne expreßen Befehl und Erlaubnüß vom Obervorsteher darauß verkaufft oder sonsten vereußert werden. Die er dann außer dem, was zu Unterhaltung der Hospitals und desselben Lehengebäu und Befeuerung, und wenn der Hospital sonst jährlich mit Brennholtz zu versehen, schultig, ohne des Obervorstehers schriftl[ichen] Befehl und Anweisung, kein Holtz, es habe Nahmen wie es wolle, liegendt oder stehendt verkauffen oder sonsten veräußern, auch keine Teiche fischen lassen soll. Auch und so er würde erfahren, daß dem Hospital zum Nachtheil an dergleichen oder sonsten albereits etwas entzogen wehre, künfftig entzogen würde, oder sonsten ein oder ander Mängel, Irthumb und Gebrechen vorfielen, solches soll er nicht allein dem Obervorsteher unverzüglich anzeigen und desselben Verordtnung darüber erwartten, sondern auch, so viel an ihm ist, solches wieder herbeyzubringen und zu verbessern suchen. Was auch sonsten einem zeitigen Hainischen Ambtsvogdt zu verrichten obligiret und er über das denen Hohen Hospitalien zum Besten verrichten kann und ihme zu verrichten anbefohlen wirdt, es sey in dieser Interims Instruction enthalten oder nicht oder in denen von denen Fürstl[ichen] Hern Deputirten und dem Obervorsteher in den Receßen auch sonsten verordnet worden, unvertroßen, willig und treulich verrichten, auch im Übrigen in allem sich so verhalten, wie solches einem verständigen treu- und redtlichen Ambtsvogdt und Diener wohl anstehet, eignet und gebühret. Und er solches vor Gott dem Allerhöchsten, Durchleuchtigsten Durchleuchtigsten Gnädigsten Gnädigsten Herrschafften und jedermänniglich zu verantworten getrauet, auch solches mit Mundt und Handt zugesagt und versprochen. Deßwegen einen leiblichen Eydt zu Gott, dem Allmächtigen, geschworen und dazu sich schrifftlich reversiret hatt. Darentgegen und von dießes seines Dienstes wegen soll er jährlich und eines jeden Jahrs besonders, solang als er des Hospitals Ambtsvogdt und Diener sein wirdt, zur Besoldung, Accidentien und sonsten haben und geniesen, was seine Vorfahren, die vorige Hainische Ambtsvögte mit Recht jährlich gehabt und genossen.
In Uhrkundt ist diße Interims Instruction von dem fürstl[ichen] Hessischen Sambtobervorsteher, der Hohen Sambthospitalien in Hessen, eigenhändig unterschrieben und mit seinem gewöhnlichen Pettschafft betruckt worden.
Geben im Hohen Sambthospital Haina – A[nn]o 1707“
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