Ein Arbeitstagebuch des Vogts Wachs über seine Tätigkeiten
„Tage Buch, worinn, auser den Rechnungsgeschäfften, die übrigen Verrichtungen enthalten sind,
vom 3.ten biß 6.ten Juli 1786

d[en] 3.ten July
1) Berichtl[iches] Schreiben an Herrn Obervorsteher von Stamford abgesandt.
2) die Maurer bey ihrer Arbeit verschiedentlich besucht.
3) den Gegenschreiber Ruhl rufen lassen und befragt, ob solche in Accord oder Tagelohn arbeiten.
4) Hierauf den Mauer Meister Drescher anbefohlen, einen {Accord|?? über Verfertigung der Wassermauer aufzusetzen, weil nach seinem Angeben die Kosten im Tagelohn über 110 Rthl. sich belaufen.
5) mit ihm hierauf auf 90 Rthl einig worden, weil er alles Zuredens ohngeachtet nichts weiter herunter lassen wolte.
6) die Rumpel-Kammer besucht, die Sachen theils auf der platten Erde, theils in einem verschlossenen Kasten vorgefunden, von Motten und Mäusen angefressen und solche inventarisirt und,
7) hierauf beym Schmitt 4 Krampen bestellt, die Sachen denen Aufwärterinnen zum Ausklopfen und in die Lufft zu hängen verabfolgt,
8) die Krampen anschlagen und zwey Stangen, zum Aufhängen der Sachen, an Seiler knüpfen lassen.
9) zwey Kasten von zwey längst verstorbenen Hospitalittinnen öffnen und die Sachen heraus nehmen und ebenfals ausklopfen und in die Lufft hängen lassen. Die Betten waren schon vor meiner Zeit angeblich unter andre Arme vertheilt.
10) den Essaal besucht, das Essen beym Anrichten versucht, die nöthige Monita gemacht und solches besser wie sonst befunden, nur daß die äuserst schlechten Erbsen zum Kochen nichts taugen, welchem ich aber durch Separirung der Kocherbsen in Zukunft vorzubeugen hoffe.
11) An die Wirthin eine wiederholte Anmahnung wegen des Brandenweinholens der hiesigen Hospitalitten ergehen lassen.
12) Die Plans-Verordnung publicirt,
13) auf die nothwendigste Befolgungspuncte, so aus den dißjährigen Visitationsrecessen gezogen, die vordersamten Entschliesungen und wie solche nach und nach zu betreiben, gefaßt und als Resoluta auf die nebenstehende Columnen gesetzt, damit auch hierunter nichts verabsäumet werde.
14) das Brod visitirt und gut gefunden.

d[en] 4.ten Juli
1) den Schuster Schmincke zum Vormund über die Lampische Kinder bestellt und beeidigt.
2) zwey Proclamata und Requisitoriales wegen neuer Belehnung und Verpfachtung, den Hermann Ritzen und Joh[ann] Adam Heller betreffend, an das Amt zu Gudensberg erlassen.
3) den Knechten des Conductors die nöthige Weisung wegen des Lohns gegeben und Fleiß und Gehorsam eingeschärft.
4) einen Brief an H[errn] Samt-Vogt Wiegand, die mir von Hochfürstl[icher] Samt-Deputation übertragene Process Sachen wegen Haina betreffend, abgesandt.
5) Verfügung wegen der Gonnermännischen Vormundschafftssachen getroffen, und fünf Citationen ausfertigen lassen.
6) Drei Ruffe, zu Abholung des Essens, für die Hospitalitten bestellt, damit hierunter dem Mißbrauch, solches nach Gunst zu vertheilen, vorgebeugt werde.
7) Besuche bey den Rasenden und Einfältigen abgelegt, das Nöthige wegen der Reinigung und Öffnung der Fenster untersucht und anbefohlen. Wansinnige und Melancholische aus ihren Betten und Stuben herausführen lassen.
8) Beym Anrichten und auf dem Essaal gewesen und wegen den zurückgebliebenen und halsstarrigen Hospitalitten die nöthige Verfügung getroffen.
9) Der Bröskin von Cassel, nach geschehener Vorforderung der Aufwärter, ein vacant gewesenes Bett verabfolgen lassen.
10) Dem Visitationsrecess zu Folge ein Capital zu Elben aufgekündigt.

den 5.ten Juli
1) dem Lector Scheffer aufgetragen, daß er bey Verrichtung seines Frühgebeths im Kranckenhauß denen verrückten und simpeln Personen in seiner Gegenwart das Frühstück austheilen lässe, damit, mit der den Aufwärtern zu diesem Ende verhandreichten Butter oder Kuchen, kein Unterschleif und Abkürzung geschehe.
2) Einen Mauermeister von Breidenbach bestellen lassen, der, weil mir die Forderung des dermahligen Maurers zu Verfertigung der Wasser-Mauer zu hoch vorkam, solche taxiren solte.
3) Die Taxatores und den Vormund über die lampischen Kinder bestellt und das Inventarium in meiner Gegenwart aufnehmen lassen.
4) Eine Iniuriensache zwischen zweien Knechten abgethan.
5) Einen Kasten mit Sachen von einer unsinnigen Hospitalittin auf die Rumpelkammer bringen lassen.
6) Denen Aufwärtern nach geführter Beschwerde vom Lector anbefohlen, die Hospitalitten des Morgens bey Strafe zur Bätstunde zu heisen.
7) Die Rasenden und Wahnsinnigen besucht.
8) Den Mittag beim Ausrichten und auf dem Eßsal gewesen, solches in guter Ordnung und Zurichtung gefunden.
9) Das Brod visitirt und gut befunden.
10) Den Conductor Fuhrhans ruffen lassen und ihm eingeschärft, daß er für Unterhaltung seines Haushalt sorgen und zu den erforderlichen sämmtlichen Ausgaben das nöthige Geld anschaffen möchte, damit er sich der Unterstützung zu einer demnächstigen Unterkunft von Herrn Obervorsteher von Stamford desto eher versichern könne und das Hospital durch unzeitige Ausgaben nicht in noch größern Schaden komme.
11) Einen Brief wegen benöthigter Kleidungsstücke für die Madame Descourdres nach Cassel abgehen lassen.
12) Eine Citation nach Dorle, wegen Aufkündigung eines Clostercapitals erlassen und den Gegenschreiber Ruhl von Hospitals wegen zum Mandatarias bestellt.


d[en] 6.ten July
1) zwei Berichte und Protocolle an Hochfürstl[iche] Regierung nach Cassel abgesandt.
2) der Aufwärterin Lamp einen Plaz auf der Küchenmeisterinstube angewiesen.
3) auf dem Eßsaal und beym Anrichten gewesen.
4) Eine Bescheinigung wegen Fortsetzung der Appellations-Mühlensachen an H[errn] Synd[icus] Bach besorgt.
5) Die Möllerischen Concursacten untersucht
6) Sistirte sich der Maurer von Breidenbach zu Taxation der Wassermauer-Arbeit und wurde solche von ihm in meinem Beyseyn besehen und 100 rthl. gefordert. Ohnerachtet der Vorkehrungen, die ich zu verhütung einer Collusion getroffen hatte, erfuhr ich gleich nach seinem Weggehen, daß er mit dem Maurer Drescher gegen ein douceur, einig geworden, eine gleich ihm hohe Forderung zu thun. Auf diese Art hat aller Wahrscheinlichkeit nach der gegenwärtige Maurer schon seit Jahren her sich betrüglicher Weise bey der Arbeit und dem hohen Lohn hier zu erhalten gewußt. Soll ich aufrichtig reden, so sind die Freundschaffts- und Verwandtschafftsverbindungen derer hiesigen Leute, die blos ihr eigenes Interesse suchen und unter einer verstellten Maßke von ausen sich immer heimlich Vorschub thun, aufpassen und untereinander Nachricht geben, dem Hospital äuserst nachtheilig und schwer sich hindurch zu arbeiten.
Dem hiesigen Beamten werden alle nützlichen Anstalten, wo nicht auf diese Art ganz vereitelt, doch äuserst mühselig und ärgerlich gemacht. Kurz, der dermahlige Maurer ist ein Schwager der hiesigen Wirthin und der Gegenschreiber bekantlich ihr Schwieger-Sohn. Mit diesem habe ich aber dergleichen Geschäffte, so wie auch das vorliegende zu reguliren gehabt. Ich habe immer Zutrauen auf seine Redlichkeit. Nur diese fatale Verbindung macht mich offt glaubend, daß er nicht starck genug ist, solche alsdann unwandelbar zu behaupten, wenn Verwandtschafftsvortheile mit denen des Hospitals in Collusion kommen. Die Folgen liegen in Absicht der hiesigen Wirthin und des Conductor Fuhrhansens schon klar am Tage, da solche während der Pfachtung den Mitgenuß der Gräserey tagtäglich gehabt und Frucht in Menge hat zugefahren bekommen, wodurch dann das Weintrinken und andere Vortheile zu des Hospitals Schaden freilich genugsam vergüthet worden sind. Dieses leztere gründet sich auf die mir geschehene Anzeige. Ich muß diese Bemerckungen, so wie ich sie nach meinem geringen Einsichten und meinem biß iezt noch kurzen Aufenthalt hier aufgefaßt habe, Ew[er] Hochwohlgeb[oren] deßfals vor Augen legen, damit in Zukunft darauf destomehr gnädige Rücksicht genommen und diese Verwandtschafftsverbindungen bey thunlichen Fällen zerrissen (wie dermahlen nun bey dem Conductor glücklicherweise geschehen wird) und bey künftigen ganz vermieden werden. Ich bin dadurch iezt in einer solchen Klammer und verdrößlichen Lage, daß ich nicht achtsam und thätig genug seyn kan, um bey allem dem pflichtmäsig und gerade durch zu gehen. So ist zum Beweiß bey denen mit vieler Mühe getroffenen Verfügungen und angelegten Verbotten, das unsinnige und übermäsige Brandenweinstrinken der hiesigen Hospitaliten betreffend, worin ich ieden doch täglich für 2 xr zu holen erlaubt habe, die hiesige Wirthin so dreist, mir bey Übertretung dieser Verbotte sagen zu lassen, wovon sie dann sollte ihre Pfachtung bezahlen, gleichsam als wäre das Wirthshaus zu dem Ende hier angelegt worden, daß unsittliches Betragen befördert und natürliche Leibes und Seelen Schwäche der hiesigen Hospitalitten, durch ein solches höchst schädliches Nahrung Mittel in Übermaas noch erhöht und vermehret werden sollte. Statt dessen, daß nun der Gegenschreiber durch seine Mitaufsicht diesem Übel steuren helfen solte, so heegt er die nemlichen Gedancken, die seine Schwiegermutter hat, und die, wie ich glaube versichert zu seyn, er sonst nicht haben würde. Ich bin auch dadurch gezwungen worden nunmehr, und zwar vors erste mahl, einen Cammergulden Strafe auf einen künftigen Übertretungsfall meines Verbotts der hiesigen Wirthin anzudictiren, worauf ich sträcklichst halten werde.
C[onrad] Wachs”
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